Das Dampfdruckdefizit und sein Einfluss auf die Vegetation

Das Dampfdruckdefizit (Vapor Pressure Deficit, VPD) ist einer der wichtigsten Einflussfaktoren auf die Transpiration von Pflanzen. Es ist daher ein wichtiger Aspekt des Wasser-  und indirekt des Kohlenstoffkreislaufs. Das geophysikalische Prinzip ist schon lange bekannt, seine Zunahme in den letzten Jahren hat Ökophysiologen jedoch aufmerksam gemacht.

Das VPD ist definiert als die Differenz zwischen der tatsächlichen Wassermenge in der Atmosphäre (oder dem «tatsächlichen Dampfdruck») und der Wassermenge, die bei Sättigung (100% Feuchtigkeit oder «Sättigungsdampfdruck») in der Atmosphäre enthalten sein könnte.

Bei einer bestimmten Temperatur kann die Atmosphäre nur eine bestimmte Menge Wasserdampf enthalten. Je wärmer die Luft, desto mehr Wasserdampf kann sie aufnehmen. Mit der globalen Erwärmung der letzten Jahrzehnte hat sich die Obergrenze für die maximale Wasserdampfmenge in der Atmosphäre angehoben.

Die tatsächlich in der Atmosphäre vorhandene Wasserdampfmenge hat aber nicht im gleichen Masse zugenommen, zum Teil deshalb, weil die Verdunstung aus den Ozeanen in den letzten 20 Jahren aus noch kaum verstandenen Gründen zurückgegangen ist. Die Differenz zwischen diesen beiden Werten, also das Dampfdruckdefizit, hat sich daher vergrössert.

Warum ist das VPD wichtig?

Es wurden zahlreiche Studien zu den Reaktionen von Pflanzen auf hohe Temperaturen, Trockenheit und erhöhte CO2-Konzentrationen durchgeführt. Doch noch ist wenig darüber bekannt, wie sich ein hohes VPD auf die Vegetationsdynamik auswirkt. Fest steht, dass es die Pflanzenphysiologie unabhängig von anderen, mit dem Klimawandel zusammenhängenden Faktoren beeinflusst.

Was sind die Folgen eines hohen VPD?

Ein hohes VPD führt in der Regel dazu, dass die Pflanzen ihre Spaltöffnungen schliessen, um den Wasserverlust zu minimieren und Embolien in den Wasserleitgefässen (Kavitation) zu vermeiden. Dies geschieht auf Kosten einer reduzierten Kohlenstoffaufnahme durch die Photosynthese. Gleichzeitig steigt die Transpiration bis zu einem bestimmten Schwellenwert an, darüber hinaus bleibt sie hoch oder beginnt abzunehmen. Dies kann den Wasserstress der Pflanzen weiter erhöhen.

Die Auswirkungen eines hohen VPD auf Pflanzen zeigen sich auch in den jüngsten Waldsterben-Ereignissen in allen bewaldeten Kontinenten. Zum Beispiel war das rasche Absterben von Nadelbäumen in grossen Gebieten im Südwesten der Vereinigten Staaten stärker mit dem VPD korreliert als mit Temperatur- oder Niederschlagsanomalien.

Zusätzlich zu den direkten Auswirkungen auf die Pflanzen beschleunigt ein hohes Dampfdruckdefizit die Verdunstung auf feuchten Böden. Dies führt zu einem Teufelskreis aus Austrocknung des Bodens, Erwärmung der Landoberflächen und Wasserstress für die Pflanzen.

All diese Mechanismen machen das VPD zu einem Haupteinflussfaktor auf die globalen Wasserressourcen und den Wasserstress der Vegetation.

Ausblick

Weltweit hat das VPD in den letzten Jahrzehnten zugenommen – ein Trend, der sich auch in Zukunft fortsetzen dürfte. Obwohl seine Auswirkungen auf die Vegetation je nach Biomen und Pflanzenarten unterschiedlich sind und langfristig durch steigende CO2-Konzentrationen teilweise abgemildert werden können, werden sie wahrscheinlich die Primärproduktivität verringern und die Pflanzensterblichkeit weltweit erhöhen.

Die Unsicherheit über die Auswirkung des VPD auf die Vegetation hängt teilweise mit der Schwierigkeit zusammen, seine Einflüsse von denen der Temperatur, der Sonneneinstrahlung und anderer klimatischer Faktoren zu trennen.

Für eine bessere lokale und globale Vorhersage ist es unerlässlich, die Schlüsselprozesse der Reaktionen von Pflanzen auf das VPD eingehend zu untersuchen. Derzeit gibt es weder einen Konsens über die Mechanismen, die den Stomataverschluss bei einem erhöhten VPD auslösen, noch darüber, ob sie unterschiedlich auf Veränderungen des VPD durch Temperatur- oder Feuchtigkeitsänderungen reagieren.

Die fettgedruckte Linie stellt den Sättigungsdampfdruck (es) in Abhängigkeit von der Temperatur (d.h. 100% Feuchtigkeit bei einer bestimmten Temperatur) dar. Das Wasserdampfdruckdefizit (VPD, kPa) ist die Differenz zwischen es (d.h. der fettgedruckten Linie) und dem tatsächlichen Dampfdruck bei einer bestimmten Temperatur (rot gestrichelte Linie).

Abbildung (a) zeigt die Änderungen des VPD für ein Szenario mit typischen Temperaturerhöhungen während extremer Hitzewellen: Die relative Luftfeuchtigkeit bleibt konstant bei 20% (rote gestrichelte Linie), aber die Temperatur steigt um 10 ◦C, was zu einer Erhöhung der VPD um 2,0 kPa führt (rote Pfeile).

Abbildung (b) zeigt die Änderungen des RDP entsprechend den erwarteten langfristigen Änderungen von Temperatur und Luftfeuchtigkeit bei einem Business-as-usual-Szenario des Klimawandels: Die relative Luftfeuchtigkeit bleibt konstant bei 20% (rote gestrichelte Linie) und die Lufttemperatur steigt um 5◦C, was zu einer Erhöhung des VDP um 0,9 kPa (rote Pfeile) führt.

Diese beiden Grafiken zeigen, dass mit steigenden Temperaturen ein gleichzeitiger Anstieg des VPD zu erwarten ist, sowohl bei Extremereignissen (a) als auch langfristig (b). (Nach Grossiord et al. 2020)

Kontakt