Ökonomische Bewältigung von Naturereignissen im Wald
Möglichkeiten der Risikohandhabung, besonders der Versicherung, und Analyse des Verhaltens der Waldeigentümer bei der Bewältigung
Problemstellung
Nach dem Sturm Lothar (1999), dem zweiten schweren und grossflächigen Sturm in Mitteleuropa innerhalb von 10 Jahren, standen viele Schweizer Waldeigentümer vor der Frage, wie sie dessen Auswirkungen bewältigen sollten.
Grundsätzlich sind Stürme ein Produktionsrisiko, das in der Natur der Waldwirtschaft liegt. Stürme (und andere Risiken) sollten daher bei der Betriebsführung berücksichtigt werden. Ein solches Risikomanagement wird in die Schritte Risikoidentifikation, -bewertung, -handhabung und Kontrolle unterteilt (vgl. Roeder 1991). Eine der nach Lothar diskutierten Möglichkeiten zur Handhabung des Risikos zukünftiger Stürme oder anderer Naturereignisse ist die Lösung über eine Solidargemeinschaft in Form einer Waldversicherung oder eines Waldschadenfonds. Es fehlen in dieser Diskussion jedoch wesentliche Grundlageninformationen, v.a. über die potentielle Nachfrage der Waldeigentümer nach einer solchen Risikoübertragung.
Unklar ist auch, welche Faktoren (soziale, ökonomische, eigentums- und eigentümerbezogene) wie stark mit der Entscheidung zusammenhängen, die Sturmflächen zu räumen, auch wenn dies nicht kostendeckend erfolgen kann und wenn dies für die Schutzfunktion nicht zwingend ist. Diese Informationen sind von Bedeutung für eine möglichst zielführende Bewältigungspolitik von Bund und Kantonen beim nächsten Sturmereignis.
Projektziele
Ziel des Projekts ist es, zu einem ökonomischen Management des Risikos von Stürmen im Wald und deren Bewältigung beizutragen. Dazu sollen einerseits Grundlagen für die Beurteilung der Anreizwirkung von politischen Massnahmen bei der Sturmbewältigung erarbeitet werden. Andererseits werden die Möglichkeiten des Risikomanagements von Naturgefahren im Wald, besonders der Versicherung von Waldbeständen gegen das Sturmrisiko untersucht und beurteilt.
Wissenschaftliche Methoden
- Im Literaturstudium werden die Möglichkeiten von Risikomanagement in der Forstwirtschaft und die Gründe für das Fehlen einer Versicherung von Waldbeständen gegen Sturmschäden hergeleitet.
- Über eine Befragung werden die Ansprüche der Interessensgruppen an eine Versicherungslösung ermittelt. Diese und weitere Rahmenbedingungen gehen in eine Beurteilung der Voraussetzungen für eine Versicherungslösung ein, die der forstpolitisch angestrebten Sturmbewältigung und den Zielen der Waldeigentümer entspricht.
- Ein ökonomisches Verhaltensmodell für das Aufrüst-Verhalten der Schweizer Waldeigentümer bei der Sturmbewältigung wird entwickelt und anhand der Daten der Waldeigentümer-Befragung von Baur et al. (2003) überprüft.
Stand der Kenntnisse
Die Literatur zu Risikomanagement ist in der BWL und der Versicherungswissenschaft sehr umfangreich. Zur Übertragung dieses Konzeptes auf die Forstwirtschaft gibt es jedoch bis auf Roeder (1991) bisher kaum Ansätze. Die Versicherung von Waldbeständen als Möglichkeit der Risikohandhabung ist in Mitteleuropa bisher nur im Zusammenhang mit Waldbrand verbreitet. Eine Versicherung auch anderer Naturrisiken, v.a. Sturm, könnte einen positiven Beitrag zur Bewältigung von Ereignissen mit grossem Schadholzanfall liefern. Eine Untersuchung der Voraussetzungen einer erfolgreichen Versicherungslösung besonders unter Beachtung der Ansprüche der Interessensgruppen steht jedoch bisher aus. Es gibt eine Reihe von ökonomischen Verhaltensmodellen für Bewirtschaftungsentscheidungen vor allem in Skandinavien und Nordamerika. Für den speziellen Sturmbewältigungs-Kontext ist kein Modell bekannt.
Bedeutung für Praxis und Forschung
Risikomanagement bietet die Grundlage für eine systematische Berücksichtigung der betrieblichen Risiken. Dies scheint in der Forstwirtschaft gerade für Naturereignis-Risiken von immer grösserer Bedeutung zu sein. Eine Beurteilung der Möglichkeiten einer Versicherung von Waldbeständen gegen Sturmereignisse ist unverzichtbare Grundlage für die entstandene Diskussion um einen möglichen Beitrag der Versicherungswirtschaft zur Bewältigung von Naturgefahren-Risiken im Wald. Eine Versicherung könnte sowohl für Waldeigentümer als auch die öffentliche Hand zu einer deutlich höheren Planungssicherheit führen. Für die Planung zielführender politischer Unterstützungsmassnahmen ist es nötig, deren Einfluss auf das Verhalten der Waldeigentümer abschätzen zu können. Das Verhaltensmodell klärt, welchen Einfluss verschiedene Faktoren auf das Aufrüsten durch die Waldeigentümer haben.
Publikationen
- Baur, P., N. Holthausen, A. Roschewitz (2003). LOTHAR Ökonomische Auswirkungen des Sturms Lothar im Schweizer Wald, Teil II. Verteilung der Auswirkungen auf bäuerliche und öffentliche WaldeigentümerInnen: Ergebnisse einer Befragung. Umwelt-Materialien des Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL), 158. Bern.
- Holthausen, N.; Hanewinkel, M.; Holecy, J. 2004. Risikomanagement in der Forstwirtschaft am Beispiel des Sturmrisikos. Forstarchiv 75, 149-157.
- Holthausen, N.; Baur, P., 2003: Naturrisiken im Schweizer Wald: Bewältigung durch eine Solidargemeinschaft?
- Holthausen, N.; Baur, P. 2004. Zum Interesse an einer Versicherung von Sturmschäden im Schweizer Wald. Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen 155, 426-436.
Details zum Projekt
Projektdauer
2001 - 2004