Forschungsvorhaben
Dynamische Lebensräume und Hochwasserschutz als Schwerpunkt des Forschungsprojekt "Integrales Flussgebietsmanagement"
Gemäss der neuen Wegleitung 2001 "Hochwasserschutz an Fliessgewässern" wird empfohlenen, dass neben den Hochwasserschutzdefiziten auch die ökologischen Defizite eines Gewässers zu berücksichtigen sind. Dieser systematische Ansatz, soll die Gleichbehandlung aller Ansprüche des Gewässers garantieren und so eine einseitige Sichtweise verhindert.
Naturnahe Gewässer bieten dynamische, d.h. sich ständig verändernde Lebensräume. Gewässerdynamik und Flusskorrektionen stehen grundsätzlich in einem Widerspruch.
Bei nach der geltenden Hochwasserschutzphilosophie realisierten baulichen Massnahmen muss aber trotzdem versucht werden, den Anspruch von dynamischen Lebensräumen zu erfüllen. Dies ist nur mit innovativen Konzepten und der Nutzung möglicher Synergien möglich.
Flussbaulichen Massnahmen müssen grundsätzlich so gestaltet werden, dass eine möglichst grosse Strömungsvielfalt entsteht. Der Wasserbauer sollte sich nicht davor scheuen die Strömung mit den Schutzmassnahmen zu stören, obwohl dadurch seine hydraulischen Berechnungen gestört, beziehungsweise komplizierter werden. Selbst ein unvermeidbarer Blockwurf in einem nahezu geraden Gewässerabschnitt sollte geschlängelt ausgebildet werden, da dadurch die Strömungsvielfalt erheblich erhöht wird. Mit einer entsprechenden Gestaltung der konstruktiven Hochwasserschutzmassnahmen ist insbesondere ein möglichst grosser Strukturreichtum im Fliessgewässer anzustreben, da dieser sich unbestritten positiv auf die Artenvielfalt in und an einem Gewässer auswirkt. Strukturreichtum ist immer das Resultat von einer minimalen Gewässerdynamik indem beispielsweise regelmässig Geschiebe im Gerinne umgelagert wird und lokale Ufererosionen entstehen.
Eine natürliche grossräumige Gewässerdynamik benötigt viel Raum, welcher in stark besiedelten Gebieten nur noch teilweise vorhanden oder verfügbar ist. Man muss sich deshalb zwangsläufig mit einer eingeschränkten Gewässerdynamik begnügen. Diese sollte aber wenn immer möglich in den verfügbaren Grenzen ausgenutzt werden. Auch eine kleinräumige Gewässerdynamik ist ökologisch schon ein grosser Gewinn, da der Strukturreichtum im Fliessgewässer und somit die verfügbaren Lebensräume sehr stark erhöht werden. Damit die Gewässerdynamik bei Hochwasser in besiedelten Gebieten nicht unkontrollierbar sind konstruktiven Hochwasserschutzmassnahmen unabdingbar. Diese sollten aber die Dynamik nur so weit als nötig einschränken und die Strukturvielfalt so gross wie möglich halten.
Unter dem Leitmotiv "Dynamische Lebensräume und Hochwasserschutz" haben die Projektpartner in enger Zusammenarbeit verschiedene Teilprojekte definiert, welche auf zwei Themen fokussiert sind:
Wechselwirkung zwischen konstruktiven Hochwasserschutzmassnahmen und der Lebensraumvielfalt in Fliessgewässern (4 Teilprojekte)
Längs- und Quervernetzung der Fliessgewässer (4 Teilprojekte)
Diese Themen erlauben eine enge Verknüpfung zwischen ingenieurmässiger und naturwissenschaftlicher Forschung. Dadurch können die bestmöglichen Synergien zwischen konstruktivem Hochwasserschutz und Gewässerökologie erzielt werden.
Der Fokus "Wechselwirkung zwischen konstruktiven Hochwasserschutzmassnahmen und der Lebensraumvielfalt" beinhaltet die Interaktion zwischen konstruktiven aber naturnahen Hochwasserschutzmassnahmen mit der Bio- und Habitatsdiversität. Untersucht wird auch wie die Habitatsbedingungen bei Schwall und Sunk verbessert werden können. Diese Teilprojekte sind miteinander über die Fragestellung der Wiederbesiedlungsdynamik von revitalisierten Fliessgewässern verknüpft. Dadurch ergibt sich eine Verknüpfung mit dem zweiten Fokus "Längs- und Quervernetzung", welcher die Durchgängigkeit von Fliessgewässern beinhaltet. Spezielles Augenmerk wird dabei auf die Blockrampen sowie die Einmündungen von Seitengewässern gerichtet. Das Teilprojekt "Flussgebietsmodellierung" liefert die Dimensionierungswerkzeuge zur Lösung der entsprechenden flussbaulichen Fragestellungen.
Alle diese Teilprojekte können auch dazu beitragen, Synergien im Rahmen der 3. Rhonekorrektion und anderen Hochwasserschutzvorhaben nachhaltig auszunutzen, indem die wissenschaftlichen Erkenntnisse mit konkreten Anwendungsbeispielen und Pilotstudien der wasserbaulichen Praxis zugänglich gemacht werden.
Die Laufzeit der Projekte beträgt drei Jahre (November 2007-Oktober 2010) plus ein Jahr für die Erstellung der Synthesearbeiten für die Praxis (Fertigstellung bis Ende 2011).
Beteiligte Partner
WSL
© 2009 - WSL, Eawag, ETHZ, EPFL - Last Update: 26. October 2017