Anliegen der einzelnen Gruppen im Dorf X

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Einheimische

  Viele Einheimische wünschen sich, dass das Dorf wieder wird, wie sie es von früher kennen. Es stört sie z.B., dass viele Leute nicht mehr grüssen und dass durch neue Ueberbauungen der dörfliche Charakter der Gemeinde immer mehr verloren geht. Sie glauben, dass man dieser Entwicklung nicht entgegensteuern kann, und wenn, wäre dies die Sache der Gemeindebehörden. Sie selber versuchen die Erhaltung des Dorfes zu sichern, indem sie an den überlieferten Sitten und Gewohnheiten festhalten. BewohnerInnen, die sich das anders vorstellen, begegnen sie mit Misstrauen und Abwehr.
 

NeuzuzügerInnen

  Viele NeuzuzügerInnen möchten gerne auch zum Dorf gehören. Sie sind aber nicht bereit, sich allen Erwartungen der Einheimtischen einseitig anzupassen; vielmehr möchten sie - als gleichberechtigte EinwohnerInnen - das Dorf mitgestalten und über ihre Ideen und Vorstellungen einbringen. Sie bekommen jedoch oft zu spüren, dass sie im Dorf "fremde Fötzel" sind und ihre Mitsprache unerwünscht ist. Die NeuzuzügerInnen haben meist nicht grosse Lust, dagegen anzukämpfen, und ziehen sich aus dem Dorfleben zurück.
 

Vereine

  Die Vereine klagen darüber, dass sie keine neuen Mitglieder mehr finden und deshalb nur noch beschränkt ihren Aktivitäten nachgehen können. Den Grund für die Misere sehen sie darin, dass die BewohnerInnen nur noch individualistische Vergnügungen suchen und sich nicht mehr für eine Sache verpflichten wollen. Die Vereine ihrerseits zögern, ihre Strukturen und Angebote zu überdenken und auf neue Bedürfnisse der BewohnerInnen einzugehen.
 

Gemeinderat

  Der Gemeinderat stellt seit längerem fest, dass nur noch mit grosser Mühe BewohnerInnen für die Mitarbeit in den Kommissionen gefunden werden können. Mit Besorgnis beobachtet er, dass immer weniger Leute an den politischen Veranstaltungen teilnehmen und das Interesse an der Gemeinde offensichtlich abnimmt. Immer wieder gelangen einzelne BewohnerInnen mit individuellen Anliegen direkt an den Gemeinderat, der aber auf Einzelinteressen nicht eingehen kann. Der Gemeinderat stellt sich auf den Standpunkt, dass Leute, die Anliegen haben und Unterstützung von der Gemeinde erwarten, sich in einem Verein oder einer Partei organisieren sollen. Sonst könnte ja jeder kommen.
 

Schule

 

Die Schule ist ein wichtiger Teil des Dorflebens, sieht sich aber in einer schwierigen Situation. Die unterschiedlichen Erwartungen von Eltern, Gemeinde und Schulkommission üben einen beträchlichten Druck aus. Seit Jahren fordert die Schule von der Gemeinde vergeblich Mittel für eine Aufwertung des Pausenplatzes. Die Lehrerinnen und Lehrer haben resigniert. Sie würden sich mit ihren Klassen eigentlich gerne aktiver am Dorfleben beteiligen, sehen jedoch keine Möglichkeiten, dies zu tun ohne auf Widerstand zu stossen.

 

Bauern

  Die Bauern fühlen sich bedrängt; in ihrem Dorf sind sie wegen der geruchlichen und akustischen (Kuhglocken) Emissionen ihrer Betriebe nur leidlich geduldet, und das Siedlungswachstum bedroht ihre Existenzgrundlage. Immer häufiger werden sie von NeuzuzügerInnen wegen ihrer angeblich unökologischen Wirtschaftsweise angegriffen und stehen im Ruf, verbohrt und rückständig zu sein. Die Bauern ziehen sich deshalb vermehrt auf ihre Kreise zurück und reagieren häufig mit Widerstand, wenn etwas von ihnen verlangt wird. Politisch halten sie zusammen, doch werden sie als Minderheit oft überstimmt. Die Bauern wünschen sich ihr altes Bauerndorf zurück, wissen aber, dass dies nicht möglich ist. Seit der ökologischen Wende in der Landwirtschaft sehen die Bauern ein, dass sie auf ihre Kunden - also auch auf die MitbewohnerInnen - zugehen müssen. Sie fürchten jedoch, dadurch ihre Autonomie zu verlieren.
 

Umweltgruppe

  In der Umweltgruppe haben sich verschiedene an ökologischen Fragen interessierte BewohnerInnen zusammengeschlossen, um sich gemeinsam für ihre Anliegen einzusetzen. Ungewollt sind sie dadurch in eine Oppositionsrolle im Soed geraten. Zwar gelang es ihnen, durch Leistungen für das Dorf (z.B. den Aufbau einer dörflichen Kompostanlage) eine gewisse Anerkennung zu gewinnen. Trotzdem wagen sich die meisten BewohnerInnen nicht, offen für die Umweltgruppe und ihre Anliegen einzutreten. Deshalb versucht auch die Umweltgruppe, sich abzugrenzen und sich auf die Erhaltung ihrer Biotope und Vogelkästen zu konzentrieren. Die Gruppe leidet an dieser Selbstbeschränkung und würde sich gerne in grösserem Umfang für ein ökologisches und lebendiges Dorf einsetzen. Ihre Mitglieder glauben aber nicht, dass sie grössere Bevölkerungskreise für ihre Anliegen gewinnen könnten.
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© WSL / Home / AutorInnen / 17.05.2006