Wie die Landschaftspflege zur Vermeidung von Grossbränden beiträgt

13.03.2024 | Marco Conedera, Jeremy Feusi, Boris Pezzatti, Patrik Krebs | WSL News

Der Klimawandel beeinflusst, wie oft und intensiv Wälder in der Schweiz in Zukunft brennen könnten. Aber: Veränderungen in Landschaftsnutzung spielen dabei eine grosse Rolle. Dieses Zusammenspiel haben die Waldbrandspezialisten der Eidg. Forschungsanstalt Wald, Schnee und Landschaft WSL in Cadenazzo anhand einer neuen Studie aufgezeigt.

Die Statistiken über die Brandfläche südlich der Alpen zeigen seit den 1980er Jahren einen regelmässigen und kontinuierlichen Abwärtstrend. Diese Entwicklung ist im Wesentlichen auf eine immer wirksamere Vorbeugung und eine bessere Organisation der Brandbekämpfung zurückzuführen. Dazu zählen die spezifische Ausbildung von Feuerwehrleuten für Waldbrände, der rechtzeitige und systematische Einsatz von Hubschraubern und die zunehmende Verbreitung von Brandbekämpfungsinfrastrukturen wie Wasserentnahmestellen.

Was Grossbrände begünstigen kann

Dennoch kommt es immer noch gelegentlich zu Grossbränden, also zu Bränden von hoher Intensität, die sich über weite Gebiete ausbreiten, nachdem sie den ersten Kontrollversuchen der Feuerwehr entgangen sind. Diese Brände entstehen meist in extremen Wettersituationen wie anhaltende Trockenheit in Kombination mit tagelangen starken Winden und an steilen und dicht bewaldeten Hängen. Beispiele dafür sind die Brände in Leuk im Wallis im Jahr 2003 (Abb. 1), Mesocco im Jahr 2016 und am Monte Gambarogno im Jahr 2022. Unter diesen Bedingungen erzeugt das Feuer eine aufsteigende Thermik, die es für die Feuerwehrleute sehr schwierig macht, wenn nicht gar unmöglich, bis zur Feuerfront vorzudringen und sie zu bekämpfen.

Für die Zukunft ist aufgrund des fortschreitenden Klimawandels mit einer Zunahme extremer Wettersituationen zu rechnen, die die Entwicklung sehr intensiver Brände begünstigen. Unter diesen Bedingungen hängt die Wahrscheinlichkeit, dass das Feuer ausser Kontrolle gerät und sich über grosse Flächen ausbreitet, stark von der Ausbreitungsgeschwindigkeit und der Intensität der Flammenfront ab. Die Experten der WSL rechnen damit, dass unter diesen Umständen steile Hänge und  die kontinuierliche Waldbedeckung, die mit viel brennbarem Material einhergeht, die Waldbrand-Bekämpfung entscheidend erschweren könnten.

Um diese Hypothese zu testen, haben sie einen Algorithmus entwickelt, der die möglichen Ausbreitungspfade einer Flammenfront auf der Grundlage der Geländeneigung und der Verteilung der Waldbedeckung generiert. Das Programm sieht jeweils eine Unterbrechung der Flammenfront vor, wo das Feuer auf offene Flächen wie Weiden oder Ackerflächen, oder flache Gebiete trifft.

Hangneigung und Landschaftsgestaltung sind entscheidend

Den Algorithmus hat das Forscherteam zunächst auf das gesamte Landesgebiet der Schweiz angewendet, wobei es die aktuelle Ausdehnung der Waldfläche berücksichtigt hat. In einem zweiten Schritt haben die Forschenden den Vorgang mit einem hypothetischen extremen Szenario wiederholt: Die vollständige Aufgabe der landwirtschaftlichen Aktivitäten und die damit verbundene komplette Verwaldung des gesamten Territoriums bis zu einer Höhe von 2500 Meter über dem Meeresspiegel.

Schliesslich unterteilten sie die Schweiz in neun biogeografische Regionen und verglichen die Länge der so erhaltenen möglichen Ausbreitungswege der Flammenfront mit dem Auftreten der grössten Brände der letzten 30 Jahre in den jeweiligen Regionen. Diese Daten finden sich in der Swissfire-Datenbank, welche die WSL für den Bund betreibt.

Wie Abbildung 2 zeigt, besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen der mittleren Länge der Feuerausbreitungswege und dem Prozentsatz der Waldbrände einer bestimmten Grösse. Dies betrifft besonders die Regionen, die am stärksten von der Aufgabe traditioneller landwirtschaftlicher Tätigkeiten und der Ausbreitung von Waldflächen betroffen sind. Das sind vor allem die westlichen Zentralalpen (Wallis) und die Südschweiz.

Dies zeigt laut den Forschenden deutlich, dass die Wahrscheinlichkeit, von Grossbränden betroffen zu sein, in der ganzen Schweiz (mit Ausnahme des Mittellandes) deutlich zunehmen würde, wenn die landwirtschaftliche Nutzung aufgegeben und es zu einer durchgehenden Bewaldung käme (Abb. 3 und Abb. 4).

Dieses Ergebnis unterstreicht die grosse Bedeutung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung. Dabei geht es nicht nur um die Erhaltung der landschaftlichen Vielfalt, die gleichbedeutend ist mit ökologischem und kulturellem Reichtum, sondern auch um die Erhaltung von Freiflächen, die die wirksamsten Brandschneisen an den Berghängen darstellen.

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