Auswirkungen der Sommerdürre 2018 auf die Buche auf der Alpennordseite

Die extreme Trockenheit im Sommer 2018 führte bei Buchen in verschiedenen Regionen im Schweizer Mittelland und Jura bereits im Juli zu verfrühter Blattverfärbung und vorzeitigem Laubfall. In diesem Projekt untersuchen wir einerseits mögliche Ursachen für dieses Phänomen, insbesondere Bodeneigenschaften und Vorschädigungen durch frühere Trockenphasen. Andererseits wird die Entwicklung der Baumvitalität über mehrere Jahre verfolgt.

Der Sommer 2018 war in der Schweiz wie auch in vielen anderen Gebieten Europas durch sehr warmes Wetter mit mehrwöchiger Trockenheit geprägt. So fielen in Teilen des Mittellandes nur etwa zwei Drittel der üblichen Regenmenge. Die ausgeprägte Trockenheit führte bei der Buche in verschiedenen Regionen der Schweiz zu einer frühzeitigen Blattverfärbung und anschliessendem Laubfall ab Juli und August (Abbildung 1). In der Folge stellte sich die Frage, ob dieser frühzeitige Laubfall eine Schutzreaktion darstellt, die den Buchen einen physiologischen Vorteil verschafft, oder ob es sich um ein deutliches Schwächesymptom handelt. Zudem interessiert, ob und wie sich die Buchen in den Folgejahren von der Trockenheit erholen.

Im Rahmen der WSL-Initiative Trockenheit 2018 wurde daher das Projekt ‘1000-Buchen’ ins Leben gerufen, in dem untersucht wurde, in welchem Masse sich Buchen mit frühem Laubfall im Jahr 2018 in den Folgejahren durch Schädigungsmuster von Buchen mit normalem Laubfall unterscheiden. Dazu wurden in den Regionen Baselland, Schaffhausen, Bremgarten (AG)/Knonauer Amt (ZH) 964 Buchen markiert und ihre Trockenheitsschäden beurteilt. Im darauffolgenden Sommer 2019 wurden dieselben Bäume erneut beurteilt. Am Projekt arbeiten verschiedene WSL-Forschungsgruppen mit (Störungsökologie, Ökophysiologie, Waldschutz Schweiz, Waldentomologie, Bodenfunktionen und Bodenschutz).

Im Frühjahr 2020 startete das Anschlussprojekt ‘Dürre & Buche’, welches die beiden Module ‘1000-Buchen’ und ‘Ajoie’ umfasst.

Modul 1: 1000-Buchen

Im ersten Modul wird die bisherige zweijährige Zeitreihe der absterbenden oder sich erholenden Buchen des 1000-Buchen-Projekts um zwei weitere Jahre verlängert und mittels Jahrringanalysen ergänzt, um die mittelfristigen Auswirkungen der Trockenheit und die Ursachen für die unterschiedlichen Schädigungen zu untersuchen. Die Erhebungen sollen zeigen, ob und wie gut sich die Buchen erholen können und wie viele Buchen während dieser Zeit absterben.

Dabei werden folgende Forschungsfragen untersucht: Wie viele der Individuen mit frühem Blattfall werden bis 2021 überleben? Welche Schäden weisen die markierten Buchen in den ersten vier Jahren auf? Sind mögliche Schäden an Buchen auf Bodenbeschaffenheiten, Schädlinge oder Krankheitserreger zurückzuführen?

Methoden

Im August 2018 wurden in den Regionen Baselland, Schaffhausen, Bremgarten und im westlichen Kanton Zürich 964 Buchen markiert und hinsichtlich sichtbarer Schäden bewertet (Abbildung 2).

Alle Buchen wurden in den Jahren 2019, 2020 und 2021 erneut aufgesucht, um ihre Vitalität (Kronenzustand, Gesamtsterblichkeit) zu beurteilen. Zusätzlich wurden an allen Bäumen biotische Begleiterscheinungen wie Schleimfluss, Pilz- und Insektenbefall an den Stämmen erhoben (Abbildung 3), die mögliche Spätfolgen der Sommertrockenheit 2018 sein könnten.

Im Juli 2019 und 2020 wurden von einem Teil der Bäume Blätter aus dem Kronendach gesammelt (Abbildung 4). Diese wurden auf Schäden durch Insekten untersucht und die Blattinhaltsstoffe chemisch analysiert.

Im Weiteren wurden die Standorte bodenkundlich beurteilt. Von September bis November 2020 wurden von allen Buchen Bohrkerne entnommen, um mittels Jahrringanalysen die Trockenheitsgeschichte der einzelnen Bäume zu rekonstruieren.

Ergebnisse

Die Erhebungen zeigten, dass von den im Jahr 2018 ausgewählten Buchen im Verlaufe von vier Jahren 4.4 % abgestorben sind (Abbildung 5). Von den Buchen mit vorzeitigem Laubfall starben in der Region Schaffhausen rund 10 Prozent, in der Region Baselland rund 7 % und in der Region Knonaueramt/Bremgarten rund 4 % ab. Buchen, die ihr Laub 2018 zum normalen Zeitpunkt verloren zeigten deutlich geringere Mortalität; in Baselland waren es 2 %, während in der Region Knonaueramt/Bremgarten 2021 alle überlebten. Zusätzlich zu den toten Bäumen wurden 21 % der beobachteten Buchen im Laufe der Studie gefällt ― meist aus Sicherheitsgründen. Im zweiten Jahr nach der Sommerdürre (2020) erreichte der Anteil toter Äste in der Krone einen Höchststand von 25 % des Kronenvolumens (Abbildung 5). Danach sank der Totastanteil wieder leicht, weil neue Äste nachwuchsen. Diese Beobachtung könnte ein Anzeichen für eine – zumindest vorübergehende – Erholung sein.

Die Auswertung der verschiedenen Einflussgrössen zeigt, dass Buchen an Standorten mit einem trockeneren Klima und solche mit vorzeitigem Laubfall 2018 ausgeprägtere Kronenschäden aufwiesen. Zudem waren grössere Bäume im Mittel stärker geschädigt. Der Anteil Buchen, die Rindenläsionen mit frischem Schleimfluss aufwiesen, erreichte 2019 ein Maximum mit 22.1 % betroffenen Stämmen. Im Jahr 2021 wurden an 21.5 % der Buchen Bohrlöcher von Borkenkäfern gefunden. Diese beiden sekundären Schädigungen traten ebenfalls häufiger bei Bäumen mit früher Blattverfärbung oder vorzeitigem Laubfall auf und gingen oft auch mit höherer Kronenmortalität einher.

Die Untersuchungen zeigen, dass die vorzeitige Laubverfärbung im Dürresommer 2018 bei einer Mehrzahl der untersuchten Buchen ein Schwächesymptom darstellte. Der extreme Wassermangel hat vor allem an Standorten mit trockenem Klima und flachgründigen Böden einen fortschreitenden Schädigungsprozess ausgelöst, der teilweise bis zum Tod des Baums geführt hat. Oft ging die erhöhte Kronenmortalität der Buche mit Insekten- und Krankheitsbefall einher. Zu welchem Grad dieser Sekundärbefall die Bäume zusätzlich schwächt, konnte in dieser Studie nicht geklärt werden. Die Trockenheit der vergangenen Jahre war für das Wachstum der Buchen in den Tieflagen der Schweiz extrem aussergewöhnlich: Nachdem bereits die Periode 2014 – 2018 zu den trockensten Phasen der letzten 250 Jahre gehörte, folgten auf die extreme Dürre von 2018 weitere, wenn auch nicht ganz so extreme, Dürren in den zwei Folgejahren. Dass die Buchen dadurch unter verschärftem Trockenheitsstress litten, zeigen andere Studien, die einen Rückgang von Jahrringbreiten als Reaktion auf Trockenheit beobachteten.

Die Intensität der klimatischen Trockenheit, also das mehrjährige Niederschlagsdefizit im Sommerhalbjahr, bestimmte den Grad der Schäden auf regionaler Ebene: Im Norden der Schweiz mit weniger Niederschlag waren die Schäden grösser als in der Region Knonaueramt/Bremgarten. Überlagert wurde das Niederschlagsdefizit durch lokale und kleinräumige Unterschiede bei Boden-, Baum- und Bestandeseigenschaften. Dadurch entstanden kleinräumige Schadensmuster mit stark geschädigten Buchen auf flachgründigen Böden in der Nachbarschaft von kaum geschädigten Bäumen auf tiefgründigeren Böden. Das Nachwachsen von Kronengewebe, insbesondere die Ausbildung von Klebästen, in den Jahren nach der Dürre deutet auf eine teilweise Erholung der Buche hin. Allerdings ist vorerst noch nicht klar, ob diese nachhaltig oder nur vorüberhegend ist. Letztlich könnte sich die Widerstandsfähigkeit der Buchen langfristig durch Anpassung erhöhen.

Es bleibt abzuwarten, ob die vorgeschädigten Bäume in einer erneuten Trockenheitsphase noch schadensanfälliger sind, wie dies in einer internationalen Studie zur Diskussion gestellt wurde. Da im Zuge des Klimawandels mit einem vermehrten Auftreten von Trockenperioden und Hitzewellen zu rechnen ist, muss auf den trockenen Standorten in der Nordschweiz langfristig mit einem Rückgang oder Ausfall von Buchen gerechnet werden, die sich von wiederholten Dürren nicht mehr erholen können.

Modul 2: Ajoie

Die extreme Trockenheit im Jahr 2018 führte in der Ajoie (Kanton Jura) zu teilweise grossflächigen, starken Schäden an den Buchenbeständen (Abbildung 6). Dort unterscheidet sich das Schadensbild auf relativ kleinem Raum, teilweise sogar innerhalb der Bestände.

Im zweiten Modul werden deshalb mögliche prädisponierende Faktoren untersucht, die als Ursachen für die unterschiedlichen Trockenheitsschäden an den Buchen in Frage kommen.

Dazu werden das Lokalklima, die Bodeneigenschaften und das Genom untersucht. Zudem sollen Jahrringuntersuchungen zeigen, ob sich in den langjährigen Wachstumsmustern frühere Schwächungen der Bäume (z.B. durch Trockenheit oder Schädlinge) abzeichnen.

Methoden

Zusammen mit dem Office de l’Environnement des Kantons Jura wurden Anfang 2020 neun mehr als 100 Jahre alte Buchenbestände mit unterschiedlichen Anteilen stark geschädigter Bäume ausgewählt, je drei Bestände mit einem Anteil von > 75%, 50% und 10% (Abbildung 7). Zusammen mit dem Institut für Angewandte Pflanzenbiologie (IAP) und Waldschutz Schweiz (WSL) wurden im Frühling 2020 in jedem Bestand 21 Buchen ausgewählt und markiert (total 189 Bäume).

Im Sommer 2020 wurden von jedem Baum zwei Bohrkerne entnommen (Abbildung 8), um anhand der Jahrringe die langjährigen Wachstumsmuster zu untersuchen. Es wird erwartet, dass darin Hinweise auf mögliche Schwächungen gefunden werden, die an schmalen Jahrringen zu erkennen sind. Zudem wurde im Sommer 2020 und 2021 die Kronenmortalität der Buchen anhand des Prozentsatzes toter Äste und der Kronenverlichtung abgeschätzt. Im Herbst 2020 wurden in den neun Beständen Bodenprofile erhoben, die Bodenmächtigkeiten gemessen und weitere Parameter bestimmt. Aufgrund dieser Daten wird für jeden Bestand die Speicherkapazität des verfügbaren Bodenwassers bestimmt. Im Sommer 2021 wurde die Kronenmortalität der Buchen ein weiteres Mal abgeschätzt und es wurden zusätzliche Standortparameter erhoben, wie die Konkurrenzstärke zwischen den Bäumen.

Ergebnisse

Es zeigte sich, dass Kronenschäden stark von der generellen Bodenwasserverfügbarkeit abhängen: In Beständen auf sehr flachgründigen oder steinigen Böden standen mehr Bäume mit deutlich stärkeren Kronenschäden im Vergleich zu Beständen auf tiefen Böden. Der jährliche Zuwachs aller untersuchten Bestände war sehr stark von der Wasserbilanz eines Jahres (zum Beispiel August 2017 bis Juli 2018) abhängig. Ein breiter Jahrring entsteht dann, wenn während dieser Zeit viel Regen fällt. Bei Buchen auf flachgründigen Böden, die für ihr Wachstum auf kurzfristig verfügbares Regenwasser angewiesen sind, variierten die Jahrringe stärker als bei Bäumen auf tiefen Böden, denn an solchen Standorten kann mehr Regenwasser länger im Boden gespeichert werden. Innerhalb der Bestände waren kleinere und langsamer wachsende Bäume tendenziell stärker geschädigt.
Diese Ergebnisse zeigen, dass Bäume, die vor dem Extremsommer 2018 schon in einer schwächeren sozialen Stellung wuchsen, deutlich schlechter mit der extremen Trockenheit und Hitze zurechtkamen als dominante und daher vitalere Bäume, und dass Buchenbestände auf tiefen Böden genügend Wasserreserven hatten, um gut durch diese Trocken- und Hitzeperiode zu kommen. In einer Zukunft mit noch mehr Hitzewellen wird die Buche auf Trockenstandorten somit verstärkt Probleme bekommen, und selbst an heute gut mit Wasser versorgten Standorten könnte es für die Buche schwierig werden.

Dürre & Buche: Wie reagieren Buchen in der Schweiz auf extreme Trockenheit?

Feldaufnahme im Sommer 2020 in Bremgarten (AG) für das Projekt "Dürre & Buche".

Publikationen

Weitere Publikationen

Klesse, S.; Meusburger, K.; Wohlgemuth, T.; Frei, E.R., 2022: Buchensterben hängt von Boden und Baumgrösse ab. Wald und Holz, 103, 8: 22.

Klesse, S.; Meusburger, K.; Wohlgemuth, T.; Frei, E.R., 2022: La mortalité du hêtre dépend de sa taille et du sol. Forêt 103, 8: 22.