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Quecksilber im Boden: Wie Bakterien und Pilze mit dem Gift umgehen

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Zwischen 1930 und 1970 leitete das Chemiewerk Lonza in Visp (VS) über sein Abwasser Quecksilber in den Grossgrundkanal. Dort sammelte sich das giftige Metall teilweise in den Sedimenten, was jedoch lange nicht als Problem erkannt wurde. So liessen Kanton und Gemeinde den Kanal bis in die 1990er-Jahre weiterhin periodisch ausbaggern, um den Durchfluss zu sichern. Das ausgehobene Material kam als Dünger und Füllmaterial auf die umliegenden Felder und in Gärten. Erst 2010, bei Vorarbeiten für den Bau der Autobahn A9, wurde die Verschmutzung der Böden zufällig entdeckt.

Anpassen und abbauen

Bislang gab es keine Untersuchungen dazu, wie eine langfristige Quecksilberbelastung auf Bodenorganismen wirkt. Mikrobiologin Aline Frossard und ihre Kollegen untersuchten deshalb Bodenproben aus der Umgebung des Grossgrundkanals. Die Mikroorganismen in den belasteten Böden waren etwa gleich aktiv und wuchsen gleich schnell wie jene aus unbelasteten Böden – ein Hinweis darauf, dass das Quecksilber die Bodenqualität wahrscheinlich nicht beeinflusst. Auch der Artenreichtum der Mikroorganismen unterschied sich nicht. Verändert hat sich jedoch die Zusammensetzung der Bakterien- und Pilzgemeinschaften.

Die Ergebnisse überraschen Frossard nicht: «Mikroorganismen passen sich erstens schnell an veränderte Umweltbedingungen an. Verschwindet eine Art zum Beispiel wegen einer hohen Quecksilberbelastung, nimmt eine andere deren Platz und Funktion ein. Zweitens sind Mikroorganismen im Boden fähig, toxisches Quecksilber in eine ungiftige Form umzuwandeln und sich so den unwirtlichen Bedingungen anzupassen». In einem weiteren Experiment konnte Frossard nachweisen, dass die Bodentextur einen Einfluss darauf hat, wie das Quecksilber auf die Bodenorganismen wirkt. In tonhaltigen Böden zum Beispiel war die Menge an bioverfügbarem Quecksilber weniger hoch als in anderen Böden.

Auf die menschliche Gesundheit hatte die Verschmutzung des Grossgrundkanals und der umliegenden Böden offenbar keinen Einfluss, wie eine Studie der Universität Zürich bereits 2016 zeigte. Die verschmutzte Erde wird nun schrittweise abgetragen und saniert. Die Bewohnerinnen und Bewohner sind froh, wenn danach endlich wieder Ruhe einkehrt in der Region. (Lisa Bose, Diagonal 1/18)