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Mit genetischen Methoden der Arven­geschichte auf der Spur

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Der Mensch fällte über Jahrhunderte deutlich mehr Arven als nachwuchsen, vor allem wegen des wohlriechenden Holzes, das er in vielfältiger Weise nutzte. Die Arve ist jedoch für die in den Zentralalpen lebende Bevölkerung von weit grösserer Bedeutung. Sie ist Bestandteil hoch gelegener Schutzwälder, bietet Lebensraum für spezialisierte Tiere und prägt eine attraktive Erholungslandschaft.

Wurden Arvenwälder früher übernutzt, so werden heute natürlich verjüngte Arven gefördert, gelegentlich auch gepflanzt. Doch aus welcher Gegend sollen die Jungpflanzen stammen? Und ist ein lokaler Bestand ursprünglich oder stammen die Bäume von früher gepflanzten, ortsfremden Herkünften? Das Muster der genetischen Verwandtschaft kann dazu wertvolle Hinweise geben.

 

Felix Gugerli, Leiter der Gruppe Ökologische Genetik, analysierte zusammen mit seinem Team etwa 3000 Bäume aus fast 140 Arvenbeständen. Ihre genetischen Fingerabdrücke zeigen, dass sich die Vorkommen in der Ostschweiz deutlich von jenen in der Westschweiz unterscheiden, mit ihnen also nicht eng verwandt sind. Gugerli vermutet, dass die Vorfahren dieser beiden Vorkommen die letzte Eiszeit in zwei voneinander getrennten Refugien entlang der südlichen Randalpen überdauert haben. Pollenfunde sowie subfossile Holz-, Samen- und Zapfenreste stützen diese These. Weshalb aber sind die Ost- und Westschweizer Populationen bis heute genetisch unterscheidbar? Gugerli: «Nach der letzten Eiszeit wanderten die genetisch unterschiedlichen Arven aus ihren jeweiligen Refugien zurück in die Alpen ein. Es scheint, dass sie im Bereich des Gotthardmassivs zwar miteinander in Kontakt kamen, sich aber wegen der für Arven unwirt­lichen Habitate kaum durchmischten – der Gebirgszug also eine Art von Barriere für den genetischen Austausch darstellt.» Solche Kontaktzonen gibt es alpenweit noch andernorts, was auf zusätzliche eiszeitliche Refugien deutet.

Die Ergebnisse der Untersuchungen haben eine wichtige praktische Relevanz: Sie legen nahe, für Anpflanzungen lokales Saatgut zu verwenden, da dieses an die jeweilige Umwelt angepasst sein dürfte. Laufende Untersuchungen sollen zeigen, inwieweit dies auch für zukünftige Umweltbedingungen gilt. (Reinhard Lässig, Diagonal 1/17)