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Maik Rehnus faszinieren Schneehasen schon lange – entsprechend feierte er letztes Jahr sein 10-jähriges Forschungsjubiläum. «Schneehasen sind die Indikatorart für arktisch-alpine Ökosysteme», erklärt er sein grosses Interesse an den Tieren. «Denn sie reagieren sehr sensibel auf Umweltveränderungen.» Ihr Verhalten entspreche sozusagen einem Frühwarn-System.
Rund sechzig Tage im Jahr ist Rehnus den scheuen Überlebenskünstlern in den Schweizer Alpen auf der Spur – oder besser gesagt: ihren Kotkügelchen. Denn er und seine österreichischen Kollegen entwickelten eine Methode, um Schneehasen zu erforschen, ohne sie zu stören: Anhand frischer «Bölleli» können die Forscher Stresshormone nachweisen. «Auf diese Weise müssen wir die stressempfindlichen Tiere nicht einfangen», erklärt der gebürtige Sachse. Denn gestresste Tiere brauchen bis zu 20 Prozent mehr Energie als ungestörte, wie Rehnus in einer Studie im Natur-und Tierpark Goldau belegte. Ausserdem fand er heraus, dass die Stresshormon-Konzentrationen in den Kotkügelchen von wild lebenden Schneehasen in Wintersportgebieten höher sind als in ungestörten Gebieten wie dem Schweizerischen Nationalpark, der im Winter geschlossen ist.
Rehnus untersuchte auch, wie sich die Verbreitung der Schneehasen in den Schweizer Alpen im Klimawandel verändert. Fazit: Erwärmt sich das Klima wie prognostiziert, schwindet und zerstückelt sich der Lebensraum der kälteangepassten Schneehasen. In isolierten Lebensräumen kann es zu Inzucht kommen, was zu einem höheren Aussterberisiko führt. Dies hätte auch Folgen für gefährdete Arten wie den Uhu oder den Steinadler, die den Schneehasen regelmässig auf ihrem Speiseplan haben.
«Vor zehn Jahren wusste man nur wenig über den Schneehasen in den Alpen», sagt Rehnus. Heute können die Forschungsresultate für praxisorientierte Empfehlungen genutzt werden. Der Wildtierökologe arbeitet mit Kollegen an der WSL auch an Methoden für ein schweizweites Schneehasen-Monitoring, um damit Grundlagen für eine nachhaltige Schneehasenjagd zu liefern. (Stephanie Schnydrig, Diagonal 1/17)