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Wind kann grosse Mengen von Schnee verfrachten. Dadurch beeinflusst er wesentlich, wie der Schnee in alpinen und polaren Regionen verteilt ist. Dort, wo sich viel Triebschnee ansammelt, können sich Lawinen bilden. Im 14 Meter langen Windkanal in Davos untersuchen Forschende des SLF deshalb, wie der Wind den Schnee transportiert. Sie wollen zum Beispiel besser verstehen, wie Schnee in Abhängigkeit von der Windstärke und den Eigenschaften der Schneedecke verfrachtet wird. Dazu erzeugen sie unter kontrollierten Bedingungen Wind mit Geschwindigkeiten von bis zu 70 Stundenkilometern und realitätsnahen Turbulenzen dicht über einer natürlichen Schneeoberfläche.
Im Rahmen seiner Doktorarbeit untersucht Philip Crivelli Erosionsformen, die der Wind an der Schneeoberfläche bildet. Er setzt dafür ein Gerät ein, das ursprünglich als Bewegungssensor für eine Computer-Spielkonsole entwickelt wurde. Mit einem Infrarotsensor bestimmt es die genaue Position von Objekten im Raum. Diese Fähigkeit nutzt Crivelli, um die Schneeoberfläche im Windkanal mit hoher Auflösung dreidimensional zu vermessen und zu verfolgen, wie sich diese über die Zeit verändert. Daneben setzen die Forschenden weitere Messmethoden ein wie einen Schneepartikelzähler oder die «Shadowgrafie». Bei letzterer werden die durch die Luft fliegenden Schneeteilchen von einer Seite des Windkanals her beleuchtet und von der anderen Seite mit einer Highspeed-Kamera aufgenommen. Aus der Abfolge von Schattenbildern bestimmen die Wissenschafter dann Geschwindigkeit, Grösse und räumliche Verteilung der transportierten Schneeteilchen.
Schneeverfrachtung ist ein komplexes Phänomen
Mit diesem Versuchsaufbau können Crivelli und seine Kollegen erstmals genau verfolgen, wie der Wind Schneeteilchen erodiert und ablagert. Dabei spielen einerseits bodennahe Turbulenzen eine wichtige Rolle, anderseits können auftreffende Teilchen andere Teilchen aus der Schneedecke losschlagen, wobei auch unterschiedliche Eigenschaften der Schneedecke eine Rolle spielen. Da die einzelnen Schneeteilchen durch feine Eisbrücken miteinander verbunden sind, braucht es eine gewisse Kraft, um diese Verbindungen zu brechen, bevor der Wind einzelne Schneeteilchen wegtransportieren kann. Nicht zuletzt beeinflusst die sich verändernde Schneeoberfläche selbst wiederum die Schneeverfrachtung. Dank den Messungen im Windkanal können die Forschenden die komplexe Schneeverfrachtung in Wetter- und Klimamodellen künftig besser beschreiben. (Martin Heggli, Diagonal 1/17)