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Davos, Antarktis, Kilimandscharo: Schnee unter Beobachtung

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Damit Gletscher, Schnee und Permafrost weltweit besser erforscht werden können, haben Forschende sich und ihre Messstationen vernetzt.

Eigentlich ist es ganz einfach: Um die Schneehöhe zu messen, steckt man eine Messlatte bis zum Boden in die Schneedecke und liest den Wert ab. Fertig. Aber was tun, wenn der Schnee auf einem Gletscher oder auf Meereis liegt, wo es keinen Boden gibt? Ähnliche Fragen kommen bei fast allen Messgrössen auf, die Schneeforscherinnen und Schneeforscher erfassen, egal ob Dichte, Kornform oder Temperatur. Die Wissenschafter messen auf unterschiedliche Art und Weise, weshalb ihre Daten oft nicht vergleichbar sind.

Forschende aus verschiedensten Ländern haben daher unter der Schirmherrschaft der Weltorganisation für Meteorologie das Netzwerk «Global Cryosphere Watch» (GCW) gegründet. Eine Arbeitsgruppe des GCW zertifiziert Messstationen und -felder, die nach anerkannten oder von ihr selbst entwickelten Standards Daten zur Kryosphäre erfassen und speichern. Die Kryosphäre umfasst alle Teile der Erde, in denen Schnee fällt oder liegt, wo Flüsse, Seen oder Meere ganzjährig oder saisonal gefroren sind, wo es Perma­frost, Gletscher oder Eisschilde gibt. Das betrifft weltweit rund hundert Länder in allen Breitengraden.

Zuverlässige, fachgerechte Messungen sind die Basis, um Informationen zu Schnee und Eis weltweit nutzbar zu machen – das zentrale Ziel des GCW. Was trocken tönt, kann grosse Wirkung entfalten: Zum Beispiel waren Schneehöhen-Messungen aus dem Kaukasus bisher nicht verfügbar. Dank des GCW werden sie das nun sein, und damit kann genauer verstanden werden, wie sich der Klimawandel auf die weltweite saisonale Schneedecke auswirkt.

Charles Fierz vom SLF ist Mitglied der Steuerungsgruppe des GCW und spannt den Bogen über die Wissenschaft hinaus: «In manchen Weltregionen, die von politischen Konflikten geprägt sind, ermöglichen Schnee- oder Gletschermessungen erste Annäherungen der Menschen», erklärt er am Beispiel von Russland und Georgien. Die Wissenschafter der verfeindeten Länder arbeiten zusammen.

 

Daten besser nutzen, statt mehr Daten sammeln

In der Schweiz sind politische Spannungen zum Glück kein Problem. Dafür kann das Land mit langjährigen, gepflegten und dokumentierten Datenreihen mit gutem Vorbild vorangehen. Fierz hat viel daran gesetzt, dass ein ganzer Cluster von Messstationen aus der Region Davos ins Netz aufgenommen wurde. «Dies setzt unsere Arbeit weltweit besser in Wert. Denn wir müssen nicht unbedingt mehr Daten sammeln, sondern sie besser nutzen», erklärt er. Wolfgang Schöner von der Universität Graz, verantwortlich für die Zertifizierung von Messstationen beim GCW, sieht das ähnlich: «Der Cluster Davos ist international gesehen ein herausragendes Beispiel. Nicht nur werden Permafrost, Schnee und Gletscher und deren Veränderungen erfasst, sondern auch, wie diese mit dem Klimawandel zusammenhängen.»

Um solche Daten- und Erfahrungsschätze weltweit nutzen zu können, muss der Datenaustausch zwischen den Forschenden auf einfache Weise funktionieren. Fierz und seine Kolleginnen und Kollegen am SLF erarbeiten dafür Standardabläufe, definieren Datenformate und entwickeln Software weiter. Diese nutzen dann alle im GCW vernetzten Wissenschafter, um ihre Daten auf vergleichbare Art zu erfassen und um sie miteinander austauschen zu können. «Das kommt insbesondere jenen zugute, die aufgrund der wirtschaftlichen Lage in ihrem Land solche Werkzeuge nicht selbst finanzieren können», sagt Schöner.

Und wie geht das jetzt mit der Schneehöhe auf Gletscher oder Meereis? «Ganz einfach», erklärt Fierz: «Es muss eine Referenzhöhe festgelegt sein. Wenn möglich, ist das der Boden, aber auf Eis muss sie der Mensch definieren. Das kann zum Beispiel die Schneeoberfläche vom 31. Dezember des Vorjahres sein. Was genau als Referenzhöhe definiert wird, spielt eigentlich keine Rolle – sie muss nur gut dokumentiert sein und immer gleich angewendet werden.» (Birgit Ottmer, Diagonal 2/18)

 

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