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Damit Schwemmholz nicht zur Gefahr wird

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Hochwasser reissen Äste und Stämme mit, die Brücken zerstören oder Wehre blockieren können. Ein Forschungsprojekt liefert praxisnahe Hilfen, um Schwemmholzmengen künftig besser vorhersagen zu können.

Holz in Bach- und Flussbetten fördert die Artenvielfalt, denn es bietet Tieren Lebensraum und Nahrungsquelle. Doch reisst ein Fluss bei Hochwasser Äste, Gestrüpp oder ganze Baumstämme mit, können diese zur Gefahr für Mensch und Infrastruktur werden. Schwemmholz kann Wehre verstopfen, Brückenpfeiler gefährden oder durch Rückstau zur Überschwemmung ganzer Siedlungen führen.

Beim extremen Hochwasser im Jahr 2005 fielen in der Schweiz mehr als 100 000 Kubikmeter Schwemmholz an – das entspricht etwa 2500 LKW-Ladungen. «Allerdings variieren die Mengen zwischen einzelnen Hochwasser­ereignissen sehr stark», sagt Nicolas Steeb, wissenschaftlicher Assistent in der Forschungsgruppe Wildbäche und Massenbewegungen an der WSL. Deshalb war es bisher schwierig vorherzusagen, wie viel Schwemmholz in welchen Gewässern auftreten wird.

 

Um dies künftig besser abschätzen zu können, hat das Bundesamt für Umwelt (BAFU) das Forschungsprogramm «WoodFlow» in Auftrag gegebn. Darin arbeiteten während rund vier Jahren Forschende der WSL sowie der ETH Zürich, der Berner Fachhochschule und der Universität Genf. Sie untersuchten die Entstehung, den Transport und die Ablagerung von Schwemmholz. «Ziel war es, eine Wissensgrundlage für die Praxis zu schaffen», sagt Steeb. Unter anderem wurden verschiedene Tools für Ämter oder Ingenieurbüros entwickelt. Damit lässt sich beispielsweise beim Brückenbau der erforderliche Mindestabstand zwischen Wasserspiegel und Brückenunterkante berechnen, um Beschädigungen durch Schwemmholz zu vermeiden.

Wie viel Schwemmholz kann entstehen?

Steeb entwickelte in seinem Projektteil ein GIS-Modell für die Praxis, mit dem sich das Schwemmholzpotenzial verschiedener Einzugsgebiete vorhersagen lässt. Dazu modellierte er Prozesse wie Murgänge, Rutschungen und Erosion von Flussufern und kombinierte sie mit Karten des Gewässernetzes und der Waldflächen. Zudem integrierte er eine Holzvorratskarte, die angibt, welche Menge Holz auf einer betroffenen Waldfläche vorhanden ist. Aus diesen und weiteren Daten berechnet das Modell die potenzielle Schwemmholzmenge, wie sie statistisch gesehen alle 30, 100 oder 300 Jahre bei grösseren Hochwasser­ereignissen auftreten kann. Die Informationen können Behörden dazu nutzen, in ihrer jeweiligen Region entsprechende Schutzmassnahmen zu planen.

In einem weiteren Teilprojekt untersuchte Steeb die Grössenverteilung der Schwemmholzstücke. Dazu verwendete er Daten von rund 6000 Holzstücken, welche die WSL nach dem Hochwasser vom August 2005 vermessen hatte. Die meisten der gefundenen Stücke waren zwischen einem und drei Metern lang, sehr grosse sind hingegen selten. Ein Grossteil des Holzes wird während des Transports im Wasser stark zerkleinert. Aus Länge und Durchmesser der gefundenen Stücke lässt sich rückschliessen, dass die meisten nur noch ein Fünftel ihrer ursprünglichen Grösse haben. Die Daten fliessen nun in das Simulationsmodell «Iber-Wood» ein, welches den Transport und die Ablagerung von Schwemmholz in Flüssen berechnet. Es kann unter anderem genutzt werden um vorherzusagen, wo sich an Ufern oder auf Kiesbänken Holz ansammelt. Dieses muss überwacht und gegebenenfalls entfernt werden, da es beim nächsten Hochwasser mit fortgerissen werden kann und dann zur Gefahr würde.
(Claudia Hoffmann, Diagonal 1/20)

 

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