CCAMM: Abschluss zeigt veränderte Risiken

WSL-Forschungsprogramm CCAMM nach acht Jahren beendet: Forschende zeigen, wie der Klimawandel alpine Naturgefahren verändert – und wo jetzt Handlungsbedarf besteht.

  • Acht Jahre CCAMM: Forschende legen umfassende Berichte vor.
  • Veränderte Naturgefahren durch Klimawandel: Häufigkeit von Bergstürzen, Murgängen und Prozessketten verändert sich.
  • Handlungsbedarf bei Politik und Gesellschaft: Die Anpassung an den Klimawandel erfordert klare Aufträge, finanzielle Mittel und definierte Verantwortlichkeiten. Bürgerinnen und Bürger können als Citizen Scientist mitwirken.

Pizzo Cengalo (GR), Piz Scerscen (GR), Misox (GR), Blatten (BE) – das sind nur ein paar der Bergstürze, Murgänge und Kaskadenereignisse des ersten Viertels des 21. Jahrhunderts. Der Spitze Stei (BE), Les Diablerets (VD), die Wisse Schijen (VS) und andere instabile Felsmassen werden beobachtet. «Die kommenden Jahrzehnte könnten Ereignisse in einem Ausmass bringen, das wir heute kaum für möglich halten», sagt Michael Bründl, Leiter des Forschungsprogramms CCAMM (Climate Change Impacts on Alpine Mass Movements, zu deutsch Auswirkungen des Klimawandels auf alpine Massenbewegungen) von WSL und SLF.

Im inter- und transdisziplinären Forschungsprojekt CCAMM haben mehr als 60 Forschende acht Jahre lang untersucht, welche Folgen das für die Alpen haben wird und wie sich deren Bewohnerinnen und Bewohner darauf vorbereiten können. Jetzt hat Bründl gemeinsam mit Projekkoordinator Alexander Bast den Synthesebericht vorgelegt, unterteilt in die Kapitel Klima, Schnee und Lawinen, Fels- und Sedimentdynamik, Kaskadenprozesse, Anpassung und Ausblick. Der Synthesebericht wird durch einen rund 180-seitigen Projektbericht ergänzt, der die Ergebnisse der einzelnen Projekte strukturiert, konsistent und einheitlich zusammenfasst.

Immer öfter werden Naturgefahren voraussichtlich in einer Kombination von verschiedenen Prozessen auftreten. Solche Kaskadenprozesse entstehen, wenn ein Ereignis ein weiteres auslöst – etwa, wenn Felsmassen bei einem Bergsturz in einen Stausee stürzen und dort eine Welle erzeugen, die schliesslich einen Murgang auslöst. «Solche Prozessketten sind schwer vorherzusagen», erklärt Bast.

 

CCAMM in Zahlen

  • acht Jahre
  • mehr als 60 Forschende
  • 31 Projekte
  • sieben Arbeitspakete
  • 31 Teilprojekte
  • 33 Studienstandorte
  • 12 abgeschlossene Dissertationen

Rasante Variablen

Aus dem Programm sind zahlreiche Modelle hervorgegangen, um die Folgen des Klimawandels zu simulieren, von der Schneedecke über den Murgang bis hin zum Klima selbst. Denn Klimamodelle bilden die Grundlage, um die Folgen des Klimawandels auf alpine Massenbewegungen abzuschätzen. Die dafür erforderlichen Daten lagen aber nicht in ausreichender räumlicher und zeitlicher Auflösung vor, erläutert Bast: «Wir haben daher eine Methode entwickelt, um diese Auflösung zu erhöhen.»

Für eine breite Anwendung in Bildung und Öffentlichkeit entstand im Rahmen des Programms zudem die Info-App BergAb. Sie erklärt verständlich, wissenschaftlich fundiert und visuell eindrucksvoll, was sich in den Bergen wie verändern wird. Von Lawinen, Murgängen und Felsstürzen über Auswirkungen auf die Gesellschaft bis hin zu den Folgen von Niederschlägen.

«Meteorologische Einflüsse bestimmen massgeblich alpine Massenbewegungen, insbesondere Temperatur und Niederschlag», ergänzt Bründl. Genau diese zwei Variablen verändern sich rasant. Bereits heute liegt die mittlere bodennahe Lufttemperatur in der Schweiz 2,9 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau. Das ist deutlich mehr als im globalen Mittel, Tendenz steigend.

Gesetzliche Mandate fehlen

Gemeinden, Kantone und Bund müssen daher dringend auf die Folgen des Klimawandels reagieren. Auch das ist ein Ergebnis des Forschungsprogramms CCAMM. «Dass gesetzliche Mandate sowie Beratung durch die übergeordnete Ebene fehlen, stellt eine wesentliche Hürde dar und erschwert es, Massnahmen umzusetzen», hebt Bründl hervor und empfiehlt gesetzlich verankerte, klar definierte Aufträge für alle staatlichen Ebenen, von Gemeinden über Kantone bis hin zum Bund, sowie ausreichend finanzielle Mittel.

Auch bei den Frühwarnsystemen ist laut Bast noch viel möglich: «Wir sollten uns darauf fokussieren, kostengünstigere Systeme zu entwickeln, die Daten mit hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung liefern.» Die Bewohnerinnen und Bewohner der Schweiz sind ebenfalls aufgerufen sich einzubringen. Als Citizen-Scientists können sie wichtige Informationen zu Lawinen, Felsstürzen und mehr beisteuern und so die bestehenden Lücken in den Daten füllen. Sieben Punkte listen die CCAMM-Forschenden auf, an denen in den kommenden Jahren gearbeitet werden sollte. Sie sind sich sicher: «Uns wird die Arbeit nicht ausgehen.»

 

Kontakt

Kooperationspartnerinnen und Finanzierung

Unter anderem haben folgende Institutionen das Forschungsprogramm CCAMM oder Teile davon oder einzelne Projekte finanziell unterstützt (in alphabetischer Reihenfolge):

  • Bundesamt für Umwelt BAFU
  • Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA
  • ETH Zürich
  • EU-Interreg
  • Kanton Bern
  • Kanton Glarus
  • Kanton Graubünden
  • Kanton Uri
  • Kanton Wallis
  • MeteoSchweiz
  • Präventionsstiftung der Kantonalen Gebäudeversicherungen
  • Schweizerischer Nationalfonds SNF
  • SBB

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