Wie extrem? Integrale Einordnung der Trockenheit 2018

Hintergrund

Wie extrem war die Sommertrockenheit 2018 in der Schweiz? Diese Frage lässt sich nicht einfach beantworten, da Trockenheit räumlich und zeitlich unterschiedlich ausgeprägt und durch verschiedene Messgrössen wie Niederschlag, Abfluss, Bodenfeuchte oder Grundwasserspiegel gekennzeichnet ist. Um die 2018 Sommertrockenheit einordnen zu können, braucht es somit einen integralen Ansatz, welcher verschiedene Messgrössen und deren räumliche und zeitliche Ausprägungen miteinbezieht.

Analysen

Die Analyse bestand aus zwei Teilen: 1) einer Wasserbilanzanalyse und 2) einer Trockenheitshäufigkeitsanalyse.

Im ersten Teil wurden die Wasserbilanzkomponenten Niederschlag, Abfluss, Verdunstung, und Speicheränderungen für die grossen hydrologischen Gebiete der Schweiz beurteilt.

Im zweiten Teil haben wir unterschiedliche Trockenheitsarten wie meteorologische, hydrologische, landwirtschaftliche und Grundwassertrockenheit sowie die zwei Trockenheitscharakteristika Dauer und Defizit betrachtet. Dazu haben wir zwei Datensätze verwendet: i) Einen Datensatz aus 137 Gebieten, für welche Beobachtungen von Niederschlag und Abfluss vorliegen und ii) einen Datensatz aus 307 mittelgrossen Gebieten, für welche zusätzlich mit dem hydrologischen Modell PREVAH Bodenfeuchte und Niedrigwasserspeicher simuliert wurden. Die Ergänzung der Beobachtungen mit den Simulationen erlaubte ein räumlich lückenloses Bild und die Betrachtung von Bodenfeuchte und Niedrigwasserspeicher zusätzlich zu Niederschlag und Abfluss. Die Analyse bestand aus drei Schritten: a) Identifikation von Trockenheitsereignissen mit einem Schwellenwertansatz, b) Häufigkeitsanalyse einzelner Variablen und Kombinationen zweier Variablen und c) der Vergleich der geschätzten Seltenheit des 2018 Ereignisses mit den vergangenen Ereignissen 2003 und 2015. Die Häufigkeitsanalyse wurde sowohl univariat wie auch bivariat durchgeführt. Die univariate Analyse erlaubte die Bestimmung der Ereignisseltenheit in Bezug auf einzelne Variablen. Die gleichzeitige Analyse zweier Variablen unter Berücksichtigung derer Abhängigkeit erlaubte die Bestimmung der Ereignisschwere in Bezug auf beide Variablen. Wir haben uns bei dieser bivariaten Analyse auf Variablenpaare fokussiert, die für die Praxis von Interesse sind, z.B. Abflussdefizit und Bodenfeuchtedefizit, die für die Bewässerung von Interesse sind.

Resultate

Die Wasserbilanzanalyse hat gezeigt, dass der jährliche Niederschlag im Jahr 2018 nur 6% unter dem langjährigen Mittel lag. Die Wintermonate von 2018 und der Dezember 2017 waren relativ feucht während die Sommermonate ausserordentlich trocken und mit sehr tiefer Bodenfeuchte und deshalb zum Teil stark gehemmten Verdunstungswerten verbunden waren. Die Speicheränderungen der Gletscher waren beträchtlich. Die östlichen und nördlichen Landesteile waren am stärksten von den Niederschlags- und Abflussdefiziten betroffen. Gletschergespiesene Einzugsgebiete, wie die Rhône, zeigten hingegen leicht überdurchschnittliche Abflusswerte.

Die Trockenheitshäufigkeitsanalyse hat gezeigt, dass das 2018 Ereignis besonders in den nordöstlichen Landesteilen stark war, insbesondere in Bezug auf die Bodenfeuchte mit Wiederkehrperioden länger als 100 Jahre. Die gemeinsame Betrachtung von Bodenfeuchte und Abfluss resultierte in noch längeren Wiederkehrperioden. Die geschätzten Wiederkehrperioden hingen einerseits von der betrachteten Variable und andererseits von der Wahl der Verteilungsfunktion ab, welche der Berechnung der Wiederkehrperiode zugrunde liegt. Die Antwort auf die Frage „wie extrem war das Trockenheitsereignis 2018?“ ist somit nicht eindeutig und hängt von der Perspektive der/des Fragenden ab.