Amöben könnten Klima beeinflussen

WSL- und EPFL-Forscher konnten erstmals aufzeigen, wie das Verhalten kleiner Amöben in Mooren, die mit Algen in Symbiose leben, die Klimaerwärmung verstärken könnte.

Die Torfmoore der Welt speichern riesige Mengen von Kohlenstoff – die Menge entspricht bis zu 20 Jahren menschlicher und natürlicher Emissionen. Während sie heute mehr Kohlenstoff binden, als sie freisetzen, gehen Experten davon aus, dass sie sich in einer wärmeren Welt schneller zersetzen könnten. Das dadurch zusätzlich in die Atmosphäre freigesetzte CO2 würde den Teufelskreis der Erderwärmung weiter beschleunigen.

In einer neuen Studie haben Wissenschaftler den Einfluss von höheren Temperaturen auf eine vorherrschende Art von Moor-Mikroorganismen untersucht. Ihre in der Wissenschaftszeitschrift Scientific Reports (Nature Publishing Group) veröffentlichten Ergebnisse legen nahe, dass steigende Temperaturen die Kohlenstoffeinlagerung in Moore durch diese Organismen verringern könnten.

In Torfmooren wimmelt es von Mikroorganismen mit unterschiedlichsten Ernährungsstrategien – Algen, Bakterien und andere. Aufgrund ihrer enormen Menge haben diese Mikroorganismen Einfluss darauf, ob mehr atmosphärisches CO2 gebunden oder aber in die Atmosphäre freigesetzt wird. Doch laut Vincent Jassey, dem Co-Autor der Studie, «hat sich bislang noch niemand die am weitesten verbreiteten Mikroorganismen im Kohlenstoffzyklus der Torfmoore angeschaut, die sogenannten mixotrophen beschalten Amöben.»

Ähnlich wie Korallen leben diese sogenannten Testacea in Symbiose – einer für beide Seiten vorteilhaften Beziehung – mit winzigen photosynthetischen Algen. Die Amöben können sich entweder allein von Bakterien ernähren oder die Nährstoffproduktion an in ihren Geweben lebende Algen delegieren. Diese wandeln mithilfe der Photosynthese atmosphärischen Kohlenstoff in Zucker um, wie es Pflanzen tun.

Weniger Hilfe von Algen

Die Forscher wollten wissen, ob höhere Temperaturen die Amöben dazu bewegen, mehr Bakterien zu verzehren und durch die Verdauung mehr CO2 in die Atmosphäre «auszuatmen». Oder würden sie stärker auf die mit ihnen lebenden Algen zurückgreifen, die das Gas «einatmen», in Zucker umwandeln und im eigenen Gewebe speichern?

Die Wissenschaftler erwärmten für ihr Experiment fünf Jahre lang Parzellen eines Torfmoores im französischen Jura und untersuchten, wie sich dies auf die Amöbenpopulation auswirkte. Es zeigte sich, dass die Amöben zwar weiterhin ihren Energiebedarf mithilfe der Algen deckten. Doch ihre Anzahl ging drastisch zurück.

«Nachdem wir einen Rückgang der Amöbenpopulation beobachtet hatten, mussten wir herausfinden, wie dies den gesamten Kohlenstoffzyklus des Torfmoors beeinflussen würde», erläutert Jassey. Also entnahmen die Forscher aus dem Moor Proben von Moosen, die Torfmoore bilden (Sphagnumtorf) und dicht mit Amöben besiedelt sind. Im Labor reduzierten sie die Amöbenpopulation künstlich und bestimmten präzise, wie viel Kohlenstoff die Mikroben aufnahmen und abgaben.

Das Resultat: Steigende Temperaturen schränken die photosynthetischen Fähigkeiten der mixotrophen beschalten Amöben ein. Wenn dies zu einem Rückgang dieser speziellen Amöbenpopulationen führt, wie es diese Studie vermuten lässt, könnten Torfmoore weniger Kohlenstoff binden, als sie es üblicherweise jedes Jahr tun. Dies könnte die Erderwärmung weiter verstärken.

Dieses Projekt wurde vom Environmental Systems Laboratory durchgeführt, einem Labor, das gemeinsam von der Eidgenössischen Polytechnischen Hochschule Lausanne (EPFL) und der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) betrieben wird.

Originalartikel

Jassey, V. E. J. et al. An unexpected role for mixotrophs in the response of peatland carbon cycling to climate warming. Sci. Rep. 5, 16931; doi: 10.1038/srep16931 (2015).

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