Die vergessenen Arten der Biodiversitätskrise – der Schutz der Moose im Fokus

12.08.2025 | Åsa Peterson, Naturhistorisches Museum Stockholm | Lisa Bose | WSL News

Über ein Drittel der Moosarten in Europa sind gefährdet oder potenziell gefährdet. Ein internationales Team von Forschenden hat nun ein einfaches Tool entwickelt, das diejenigen Moose in Europa identifiziert, die aus globaler Sicht am dringendsten Hilfe benötigen, um langfristig überleben zu können. Es ist frei zugänglich und kann als Leitfaden für Moosschutzmassnahmen in ganz Europa dienen.

  • Moose spielen in vielen Ökosystemen eine wichtige Rolle. Trotzdem werden sie oft übersehen und im Biodiversitätsschutz vergessen.
  • Mit einem einfachen Punktesystem hat ein internationales Team von Forschenden nun die Moose nach ihrem Schutzbedarf priorisiert.
  • Die offen zugänglichen Informationen erlauben es jedem europäischen Land, fundierte Entscheidungen über Schutzmassnahmen für Moose zu treffen, für die Europa eine grosse Verantwortung hat.

Bei den Begriffen «Biodiversitätskrise» und «Massensterben» kommen uns oft als Erstes charismatische Tiere wie Tiger, Nashörner und Meeresschildkröten in den Sinn. Aber wie sieht es mit den kleinen, unscheinbaren Arten aus, die trotz ihrer geringen Grösse eine wichtige Rolle in unseren Ökosystemen spielen? Erhalten sie die Aufmerksamkeit und den Schutz, die sie benötigen?

30 Prozent sind gefährdet oder potenziell gefährdet

Moose mögen unbedeutend erscheinen, bilden aber dennoch eine reichhaltige und weit verbreitete Gruppe mit etwa 20’000 Arten weltweit. Trotz ihrer geringen Grösse spielen sie in vielen Ökosystemen eine wichtige Rolle, beispielsweise indem sie Feuchtigkeit binden, als Kohlenstoffsenke dienen und zur Stickstofffixierung in Wäldern beitragen.

Doch über 30 Prozent der europäischen Arten sind gefährdet oder potenziell gefährdet. Viele sind nur unzureichend erforscht und oft nicht ausreichend geschützt.

Eine einfach anzuwendende Methode für Schutzmassnahmen

Ein internationales Team von Forschenden um Irene Bisang vom Naturhistorischen Museum Stockholm und Ariel Bergamini, Moosexperte an der WSL, hat nun eine effektive und einfach anzuwendende Methode entwickelt, um zu ermitteln, welche Moosarten in Europa bei Schutzmassnahmen vorrangig berücksichtigt werden sollten – und warum.

Die Methode basiert auf einem Punktesystem, das zwei Faktoren berücksichtigt: Wie stark die Art gemäss der bestehenden europäischen Roten Liste gefährdet ist und wie gross der Anteil der europäischen Population einer Art an der weltweiten Population ist. Je höher dieser Anteil, um so wichtiger ist die europäische Population für den weltweiten Erhalt der Art. Auf Basis der kombinierten Punkte erstellten die Forschenden dann eine Prioritätenliste.

Das Resultat: Von den 553 Arten, die auf der Roten Liste der Moose Europas stehen, haben 135 Arten hohe Priorität, 126 mittlere und 292 Arten tiefe Priorität, wenn es um deren Schutz geht. Unter den hochprioritären Arten sind 25, die auch in der Schweiz vorkommen. «Für diese Arten hat die Schweiz eine besondere Verantwortung, damit diese global erhalten bleiben», sagt Bergamini.

Frei zugängliche Datenbank

Die Ergebnisse der Forschenden sind in EnviDat zusammengefasst, dem Datenportal der WSL für Umweltdaten aus Monitoring- und Forschungsprojekten. Hier findet jedes Land in Europa Informationen zu nationalen Vorkommen von prioritären Moosarten. Dies ist eine wichtige Grundlage, um fundierte Entscheidungen über Schutzmassnahmen für gefährdete Moose zu treffen, für die Europa eine globale Verantwortung hat.

«Unser Ziel war es, den Entscheidungstragenden in den europäischen Ländern Instrumente an die Hand zu geben, damit sie ihre nationale Verantwortung für den Erhalt eines wichtigen Teils der biologischen Vielfalt wahrnehmen können – nicht nur für ihr eigenes Land, sondern aus einer globalen Perspektive», sagt Bisang.

Moosarten

Beispiele von Moosarten, die in Europa mit hoher Priorität geschützt werden müssen, damit sie global erhalten bleiben. Diese Arten kommen auch in der Schweiz vor.

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Eis-Klaffmoos (Andreaea frigida ): Moos alpiner Lagen; kommt nur in Europa vor; in der Schweiz potenziell gefährdet und mit geringer Priorität für den Artenschutz (gemäss BAFU). (Foto: Michael Lüth)
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Alluvionen-Birnmoos (Bryum versicolor): Moos an Gewässerufern; kommt nur in Europa vor; in der Schweiz gefährdet und mit sehr hoher Priorität für den Artenschutz (gemäss BAFU). (Foto: Heike Hofmann)
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Rudolphis Trompetenmoos (Tayloria rudolphiana): Lebt auf alten Bergahornbäumen zwischen 1000 und 1600 m; über 90% der globalen Population in Europa; in der Schweiz stark gefährdet und mit sehr hoher Priorität für den Artenschutz (gemäss BAFU). (Foto: Heike Hofmann)
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Breidlers Sternlebermoos (Riccia breidleri): Lebt an Rändern von alpinen Teichen; kommt nur in Europa vor; in der Schweiz stark gefährdet und mit sehr hoher Priorität für den Artenschutz (gemäss BAFU). (Foto: Ariel Bergamini)

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