Herbar belegt Artenverlust im Kanton Schaffhausen

Jedes Jahr eine Pflanze weniger: So gross ist der Artenverlust im Kanton Schaffhausen zwischen 1847 und 2000. Forschende der Eidg. Forschungsanstalt WSL und des Museums zu Allerheiligen Schaffhausen verglichen die Artenvielfalt in einer alten Museumssammlung mit den heute im Kanton vorkommenden Pflanzenarten.

Herbare, also Sammlungen von getrockneten, gepressten und säuberlich beschrifteten Pflanzen, sind aus der Mode gekommen. Doch in den Museumsstücken stecken wertvolle Informationen zur pflanzlichen Vielfalt und zur Veränderung von Lebensräumen. Der WSL-Botaniker Rolf Holderegger hat das Herbar von Johann Conrad Laffon genauer unter die Lupe genommen, das im Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen lagert. In einem Vergleich mit den heute im Kanton Schaffhausen vorkommenden Arten konnten er und ein Forschungsteam zeigen, wie sich die Flora des Kantons in rund 150 Jahren verändert hat.

Spezialisierte Arten verschwunden

Im Zeitraum zwischen 1847 bis 2000 sind im Kanton Schaffhausen von rund 1000 Pflanzenarten 154 Arten verschwunden, dies entspricht einer Aussterberate von 15,6 Prozent oder einer Art pro Jahr. Die grössten Verluste weisen Pflanzen auf, die unter extremen Umweltbedingungen leben: in Mooren, lichtdurchfluteten Trockenwiesen oder auf mageren Kiesflächen. «Die ökologisch extremsten Lebensräume und damit die an sie angepassten Arten sind verschwunden», sagt Holderegger.

Was die Untersuchung auch zeigen konnte: Arten, die heute in der Roten Liste der gefährdeten Gefässpflanzen der Schweiz als vom Aussterben bedroht oder besonders gefährdet aufgeführt sind, sind im Kanton Schaffhausen eher ausgestorben als die weniger bedrohten. «Das zeigt, dass die Roten Listen die Gefährdung von Arten gut abbilden», so Holderegger.

Lebensräume wiederherstellen

Solche historischen Vergleiche gibt es bislang nur wenige in der Schweiz. Das Herbar Laffon in Schaffhausen ist einzigartig. Laffon legte es zwischen 1820 bis 1847 an – also zu Beginn der Industrialisierung und der Intensivierung in der Landwirtschaft. Der Apotheker sammelte knapp 1000 Pflanzenarten. Zusätzlich publizierte er eine Artenliste für den Kanton.

Ein altes Herbar gibt aber nicht nur Auskunft über die Artenvielfalt in einem bestimmten Gebiet zu einem früheren Zeitpunkt. Die historischen Belege von Pflanzenarten liefern auch Hinweise, wie die Lebensräume früher aussahen – vorausgesetzt, sie enthalten genaue Angaben zu den Fundorten. So wurde im Kanton Schaffhausen zu Zeiten von Laffon verbreitet Leinen angepflanzt, was die verschiedenen Ackerbegleitarten der Leinenfelder im Herbar belegen. Oder sie zeigen, wo überall Moore vorkamen. Dank Herbarbelegen könnten Lebensräume an ihren ehemaligen Standorten wiederhergestellt werden, so Holderegger.

Beispiele von Pflanzenarten, die im Kanton Schaffhausen ausgestorben sind:

Bild 1 von 5
Das Schwarze Bilsenkraut (Hyoscyamus niger) wächst auf mageren Kiesflächen. Bild: Rolf Holderegger, WSL
Bild 2 von 5
Das Gelbliche Zypergras (Cyperus flavescens) benötigt lehmig-feuchte Orte, die zeitweise überschwemmt werden. Bild: Rolf Holderegger, WSL
Bild 3 von 5
Die Heide-Nelke (Dianthus deltoides) ist eine Pflanzenart, die in Trockenwiesen wächst. Bild: Rolf Holderegger
Bild 4 von 5
Das Gemeine Katzenpfötchen (Antennaria dioica) kommt in Heidegebieten vor. Bild: Rolf Holderegger, WSL
Bild 5 von 5
Die eigentümliche Echte Mondraute (Botrychium lunaria) gehört zu den Farnen. Sie wächst in mageren Rasen. Bild: Rolf Holderegger, WSL


Kontakt

Publikationen

Copyright

WSL und SLF stellen Bildmaterial zur Bebilderung von Presseartikeln im Zusammenhang mit dieser Medienmitteilung kostenfrei zur Verfügung. Eine Übernahme der Bilder in Bilddatenbanken und ein Verkauf der Bilder durch Dritte sind nicht gestattet.