Klimafolgen in der Schweiz: Anpassung und Klimaschutz müssen Hand in Hand gehen

Die Südschweiz zeichnet sich als Hotspot von Auswirkungen des Klimawandels ab. Und: Der Borkenkäfer setzt Fichten in der ganzen Schweiz zunehmend unter Druck, denn wegen der steigenden Temperaturen könnte eine zusätzliche Schädlingsgeneration pro Jahr schlüpfen. Dies sind zwei von vielen Aussagen aus dem soeben veröffentlichen Bericht «CH2014-Impacts», der sich mit den quantitativen Folgen des Klimawandels für die Schweiz befasst. Entstanden ist er unter der Leitung des Oeschger-Zentrums für Klimaforschung der Universität Bern.

Mehr als 20 Forschungsgruppen aus der ganzen Schweiz - darunter die Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL und das WSL-Institut für Schnee und Lawinenforschung SLF - haben in den vergangenen zwei Jahren am Klimafolgen-Bericht mitgearbeitet. Initiiert und koordiniert wurde das bisher einmalige Projekt vom Oeschger-Zentrum der Universität Bern, finanziell unterstützt haben es das Bundesamt für Umwelt (BAFU) und MeteoSchweiz. In ihren Untersuchungen zu sieben Themenbereichen – von Gletscher und Wasserhaushalt über Wald, Biodiversität und Landwirtschaft bis zu Gesundheit und Energie – gingen die Forschenden von den so genannten «CH2011-Szenarien» zur künftigen Entwicklung von Temperatur und Niederschlag in der Schweiz aus. Aus diesen Klimaszenarien leiteten sie konkrete Klimafolgen ab. Dabei konnten die zahlreichen Forschungsgruppen durch die einheitliche Basis ihre Modelle mit den gleichen Daten füttern und so die Resultate vergleichbar machen. «Dieser Ansatz liefert wertvolle Grundlagen für die Entwicklung von Anpassungsstrategien», sagt Christoph Raible vom Oeschger-Zentrum für Klimaforschung der Universität Bern, der das Projekt koordinierte.

Forschende von WSL und SLF sind Hauptautoren von den drei folgenden Themenbereichen.

Kryosphäre und Klimawandel - Der Einfluss auf Schnee, Eis und Skitourismus

Hauptautor C. Marty, SLF

Ohne einschneidende klimapolitische Massnahmen muss für Ende dieses Jahrhunderts davon ausgegangen werden, dass eine mehrtägige Schneedecke im Mittelland ein seltenes Ereignis wird. Aber auch in den Alpen dürften sich die Schneebedeckungsdauer und die Schneewasserressourcen massiv reduzieren. Der Skitourismus wird dadurch in Zukunft noch stärker von der künstlichen Beschneiung anhängig sein. Die Auswertungen zeigen, dass die höher gelegenen Regionen nur mit verstärkten Klimaschutzmassnahmen langfristig von ihrem Wettbewerbsvorteil profitieren können. Durch die geringeren Schneemengen und die grössere Eisschmelze dürfte bis Ende Jahrhundert 90 % des gesamten Gletschervolumens verschwinden - die restlichen 10% muss man oberhalb 3000 Meter suchen. Permafrostböden werden mit steigenden Temperaturen zu schmelzen beginnen und teilweise zerfallen, was lokal zu neuen Problemen führen kann.

Einfluss auf die Biodiversität von weit verbreiteten Vögeln und Gefässpflanzen: Artenreichtum und -wechsel

Hauptautoren P. B. Pearman, WSL & N. E. Zimmermann, WSL

Beiträge von Forschenden der WSL und der Universität Lausanne zu „CH2014 Impacts“ zeigen, dass sich in der ganzen Schweiz die die Vielfalt von verbreiteten Vogel- und Pflanzenarten bis zum Ende des 21. Jahrhunderts deutlich verändern wird. Der sogenannte Artenwechsel – die Veränderung der Zusammensetzung einer Lebensgemeinschaft durch das Einwandern oder lokale Aussterben von Arten – wird beachtlich sein, sowohl in den tieferen Lagen wie auch in den Gebirgsregionen. Am stärksten betroffen werden jedoch die Gebiete in einer Höhenlage um die 2000 m sein. Es ist wichtig, diejenigen Arten und Pflanzengemeinschaften zu identifizieren, die wichtige Ökosystemleistungen wie Erholung oder wertvolle Rohstoffe liefern, um die Biodiversität gezielt zu fördern.

Der Einfluss des Klimawandels auf Baumarten, Waldeigenschaften und Ökosystemleistungen

Hauptautoren: H. Bugmann, ETH Zürich & P. Brang, WSL

Für den Wald zeigen Beiträge von Forschenden der WSL, der ETH Zürich und der Universität Bern zu „CH2014 Impacts“ ein differenziertes Bild. In tiefen Lagen werden viele Bäume unter dem zunehmenden Trockenstress leiden. Im Schweizer Mittelland dürften die heute weit verbreiteten Fichten und Buchen zunehmend unter Druck geraten, weniger gut wachsen und bei extremer Trockenheit gar eingehen. Bei den Fichten steigt dadurch auch die Gefahr eines Befalls durch Borkenkäfer. Anders sieht es in hohen Lagen aus, wo die Bäume von hohen Temperaturen profitieren, besser wachsen und die Wälder sich ausdehnen und verdichten dürften. Die Ökosystemleistungen wie Holzproduktion, Kohlenstoffspeicherung und Schutz vor Steinschlag und Lawinen dürften sich in der Folge gegenläufig entwickeln: In den tieferen Lagen dürften sich die Leistungserbringung verschlechtern, in den Hochlagen hingegen verbessern. Starke Veränderungen sind zwar erst gegen Ende dieses Jahrhunderts zu erwarten, doch muss sich die Waldwirtschaft bei Verjüngung, Jungwaldpflege und Durchforstung bereits heute vorsorgend darauf einstellen.

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Links und Dokumente

Bericht "CH2014-Impacts"

Der Bericht kann kostenlos auf www.ch2014-impacts.ch heruntergeladen werden. Neben dem vollständigen Bericht existieren Zusammenfassungen auf Deutsch, Französisch und Italienisch.