Wieviel Kohlenstoff speichern die Schweizer Wälder?

26.01.2022 | Gottardo Pestalozzi | News WSL 

Wieviel Biomasse enthalten die Schweizer Wälder, und wieviel Kohlenstoff speichern sie? Ein Team der Eidg. Forschungsanstalt WSL entwickelt eine Methode, um dies einfach und genau zu berechnen. Wir haben die Forschenden begleitet und gefilmt.

Marina Beck und Esther Thürig stapfen im Schneegestöber durch den basellandschaftlichen Wald. Die Luft riecht nach Nadeln und Diesel. In der Ferne heulen Motorsägen.

«Diese Bäume nehmen wir heute» sagt Esther und zeigt auf eine Gruppe mit rotem Spray gekennzeichneter Buchen und Föhren. Mit ihrer Kluppe – einem grossen Messschieber – erfasst Marina den Durchmesser des ersten Baums «41.7 Zentimeter» ruft sie Esther zu, die es auf ihrem wetterfesten Tablet einträgt. Die Prozedur wiederholt sich mit der Finnenkluppe auf 7 m Höhe, danach erfolgt die Höhenmessung mit einem Laserinstrument. Schon vorher hat der Wissenschaftliche Dienst LFI mittels terrestrischen Laserscan die Kronendurchmesser aufgenommen.

Es braucht gefälltes Holz, um die Methode zu testen

«Wir wollen herausfinden, ob und wie es möglich ist, mit diesen wenigen Messungen am stehenden Baum ein genaues Bild von der Biomasse eines Waldes zu bekommen, und dann auch aller Wälder der Schweiz. In unserem Projekt verfeinern wir die schon bekannten Mess- und Schätzmethoden. Dafür brauchen wir genaue Daten aus einer Anzahl gefällter Bäume», sagt Esther Thürig.

Heute ernten Urs Schaub und sein Team vom Forstrevier Violental Buchen, Föhren und Eschen in einem Waldstück bei Arisdorf. Den Greifarm des Tragschleppers haben die Forscherinnen mit einer Waage ausgerüstet. Zu jedem angeschleppten Baum oder Baumteil lässt sich Marina das Gewicht durchgeben. Danach sägen ihre Arbeitskollegen Stammscheiben ab und wägen sie vor dem Transport in die WSL-Schreinerei. Dort schneiden weitere Projektmitarbeitende Holzkeile aus, deren Masse sie erst frisch und dann trocken messen. Am Schluss werden die Holzstücke zu feinem Pulver gemahlen, damit eine Labormitarbeiterin den Kohlenstoff- und Stickstoffgehalt ermitteln kann. Der gesamte Ablauf ist in einem Kurzfilm dargestellt.

Das Projekt nennt sich Swiss Biomass. Zusammen mit dem Bundesamt für Umwelt BAFU entwickelt die WSL darin eine möglichst exakte Umrechnungsmethode, um Forstpraktiker über zwei wichtige Grössen im Schweizer Wald zu informieren:

  • Wieviel Biomasse ist vorhanden? Daraus entnimmt man zum Beispiel, in welchen Ausmass Holz und Bioenergie nachhaltig genutzt werden können.
  • Wieviel Kohlenstoff bindet der Wald? Dies ist im Zusammenhang mit dem Klimawandel wichtig für die Erreichung von Netto Null und für das Treibhausgasinventar, das die Schweiz im Rahmen des Kyoto Protokolls jährlich erstellt.


Nach den ersten Erhebungen in Zürich und Arisdorf und deren Auswertung plant das Projektteam 2022-23 Einsätze an sechs weiteren Standorten. Die ersten zwei Waldstücke für die nächste Projektphase in diesem Frühjahr hat es in Villigen (AG) und Apples (VD) gefunden.

Neben den oben beschriebenen Erhebungen sind weitere Analysen vorgesehen. So beprobt und analysiert die Gruppe Bodenfunktionen und Bodenschutz der WSL alle Baumteile inklusive Blätter und Nadeln auf ihre Inhaltsstoffe, und die Gruppe Dendrowissenschaften entnimmt Baumscheiben zur Analyse des Zuwachses. Des Weiteren bestimmen Mitarbeitende der Gruppe Fernerkundung die präzsen GPS-Koordinaten der Bäume und machen Drohnenaufnahmen.

Das Ziel ist, die in der Pilotphase erprobte Methodik an weiteren Standorten anzuwenden und in Folge eine für grössere Regionen aussagekräftige und einfache Berechnungsart der Biomasse und des Kohlenstoffgehalts von Bäumen und Waldbeständen bereit zu stellen.

Mit der Publikation der Ergebnisse rechnet die WSL im Jahr 2024.

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