Künstliches Licht im öffentlichen Raum: Warmes Licht ist beliebt, kaltes senkt den Stresslevel

Ein Experiment der Eidg. Forschungsanstalt WSL und EKZ (Elektrizitätswerke des Kantons Zürich) zeigt: Menschen empfinden warmes Licht als angenehmer, doch der Körper entspannt sich stärker unter kaltweissem Licht. Bei der Wahl der Strassenbeleuchtung sind demnach Kompromisse nötig.

  • In einem Experiment von WSL und EKZ in Richterswil (ZH) empfanden die Teilnehmenden warmes Licht als angenehmer, kaltweisses Licht senkte jedoch ihren Stresslevel stärker.
  • Die perfekte Strassenbeleuchtung existiert nicht, es sind Kompromisse nötig.
  • Bei der Neuplanung von Strassenbeleuchtung sollten neben der Akzeptanz der Bevölkerung auch die Energieersparnis und der Schutz der Biodiversität berücksichtig werden.

Strassenleuchten sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Im öffentlichen Raum schaffen sie Sicherheit und Orientierung in der Nacht. Doch das Kunstlicht beeinflusst nicht nur Insekten und andere Tiere, sondern auch die Gesundheit des Menschen. Eine neue Studie der WSL zu unterschiedlichen Farbtemperaturen zeigt: Was wir als angenehm empfinden, stimmt nicht unbedingt mit dem überein, wie unser Körper auf das Kunstlicht reagiert.

In einem Experiment in Zusammenarbeit mit EKZ setzten sich Freiwillige in Richterswil (ZH) zwanzig Minuten lang LED-Strassenleuchten mit unterschiedlichen Farbtemperaturen aus. WSL-Studienleiterin Solène Guenat teilte die 77 Personen zufällig einer von drei Farbtemperaturen zu: warm (2700K), weiss (4000K) und kaltweiss (6500K). Die Teilnehmenden beantworteten vor- und nachher Fragen zu ihrem Wohlbefinden und Sicherheitsgefühl. Zudem nahm Guenat von den Teilnehmenden vor und nach dem Experiment Speichelproben und bestimmte anhand des Hormons Cortisol im Speichel den jeweiligen Stresslevel der Teilnehmenden.

Widerspruch zwischen Wahrnehmung und Körperreaktion

Befragt nach ihren Präferenzen gaben die meisten Teilnehmenden an, dass das warme Licht angenehmer auf sie wirkte als das weisse und kaltweisse. Das kaltweisse wurde oft als blendend und zu intensiv empfunden, obwohl die Lichtstärke bei allen Lampen die gleiche war. Das Gefühl von Sicherheit und der selbstberichtete Stresslevel hingen nicht von der Lichtfarbe ab. Die Messung des Cortisol-Spiegels zeigte jedoch ein anderes Bild: Nach zwanzig Minuten unter kaltweissem Licht sank dieser bei den Teilnehmenden stärker als unter warmem. Grund dafür könnte sein, dass das kaltweisse Licht dem Tageslicht ähnlich ist. «Bei Tag fühlen wir uns sicherer als in der Nacht, das könnte der Grund sein, wieso der Stresslevel der Teilnehmenden unter dem kaltweissen Licht absank», sagt Guenat.

Während Menschen in der Nacht also eine wärmere, gemütlichere Beleuchtung bevorzugen, zeigt der Körper bei kälterem Licht eine stärkere Entspannung. «Diese Diskrepanz zwischen Wahrnehmung und physiologischer Wirkung zeigt, dass bei der Planung der öffentlichen Beleuchtung in Städten Kompromisse nötig sind», sagt Guenat.

Die perfekte Lösung gibt es nicht

Für Städte und Gemeinden, die ihre Strassenbeleuchtung erneuern und insbesondere energieeffizienter machen wollen, wirft das Fragen auf: Soll man sich nach den Vorlieben der Bevölkerung richten oder stärker nach den gesundheitlichen Auswirkungen des Lichts? «Warmes Licht wird wahrscheinlich breiter akzeptiert als kaltes», sagt Guenat. 

Für das kalte Licht spreche neben dem Stressaspekt allerdings die Tatsache, dass mit ihm Energie gespart werden könne – die kaltweissen Leuchten verbrauchen 30 Prozent weniger Strom als die warmen. «In der Schweiz haben sich heute an den meisten Orten Leuchten mit warmweissem Licht durchgesetzt. Diese bilden einen guten Kompromiss zwischen Energieeffizienz auf der einen und Akzeptanz auf der anderen Seite», sagt Jörg Haller, Leiter Öffentliche Beleuchtung & Smart-City bei EKZ. Weil wärmeren Lichtfarben auch insgesamt etwas günstigere Auswirkung auf die Umwelt zugeschrieben werden, weisen auch die einschlägigen Empfehlungen und Richtlinie in diese Richtung, so Haller.

«Eine perfekte Lösung sehen wir aus unserem Experiment nicht», sagt Guenat. Bei der Anpassung der Beleuchtung sollten Prioritäten so gesetzt werden, dass sie nicht nur die Lichtqualität verbesserten, sondern auch mit anderen Nachhaltigkeitszielen – etwa Energieeinsparung, Schutz der Biodiversität oder Gesundheit – zusammenwirkten. «Solche Synergien schaffen Win-Win-Situationen», so Guenat.

Die Farbtemperatur beschreibt den Farbeindruck einer Lichtquelle und wird in Kelvin (K) gemessen; je niedriger der Wert, desto gelblicher und wärmer das Licht, je höher der Wert, desto bläulicher und kühler.

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