Mit Energieholz gegen die ukrainische Energiekrise

22.03.2017  |  News

Seit dem Zerwürfnis mit Russland leidet die ukrainische Bevölkerung unter absurd hohen Energiepreisen sowie mangelnder Versorgungssicherheit. Energieholz könnte die Abhängigkeit von russischem Gas und Kohle verringern. Forscher der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL untersuchen in der Ukraine die Möglichkeiten und Grenzen dieser erneuerbaren Energiequelle.

Die Eisblumen an den Fenstern der Strassenbahn in der ukrainischen Kleinstadt Lviv machen es deutlich: Energie ist im ehemaligen Sowjetstaat knapp und der Blick in eine bessere Energiezukunft getrübt. Die Ukraine gehört zu den zehn energieintensivsten Ländern der Welt. Das heisst, dass die nationale Wirtschaft im Verhältnis zu ihrem Bruttoinlandprodukt viel Geld für Energie ausgibt. Energie ist in der Ukraine Mangelware, seit das billige russische Gas nicht mehr fliesst. Bereits im Winter 2014/15 war das Land nicht mehr in der Lage, die dringend benötigte Heizenergie an die Bevölkerung auszuliefern. Seitdem verschärft sich die Situation und der Energiepreis steigt. Ohne staatliche Subventionen würden die meisten Heizkörper kalt bleiben.

Energiekrise entschärfen

Die Ukraine deckt ihren Energiebedarf derzeit vornehmlich mit Gas (37%), Kohle (32%), Kernkraft (17%) und Öl (13%). Zwar besitzt die Ukraine eigene fossile Energiereserven, jedoch decken diese nur die Hälfte des Bedarfs – die Abhängigkeit von Russland bleibt. Deshalb hat die Regierung den Masterplan Renewable Energy Ukraine lanciert, der auf die verstärkte Nutzung von Wind, Sonne und Biomasse wie Energieholz abzielt. In der Ukraine sind etwa 16% der Fläche bewaldet – das heisst, pro Kopf gibt es in der Ukraine mehr Wald als in der Schweiz.

Gesellschaftsrelevante Energieforschung

„Obwohl Feuerholz in den westukrainischen, waldreichen Karpaten rund einen Fünftel der Holzernte ausmacht, wird das Potential dort nicht ausgeschöpft“, sagt Astrid Björnsen, Leiterin des neuen Forschungsprojekts Identifying Green Energy Options. Das vom Schweizerischen Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) finanzierte Projekt ist auf vier Jahre ausgelegt. Neben der WSL und der Nationalen Ukrainischen Forstuniversität (UNFU) sind auch die ukrainische Nicht-Regierungsorganisation FORZA und das Interdisziplinäre Zentrum für Nachhaltige Entwicklung und Umwelt CDE in Bern am Projekt beteiligt. Letztere stellen sicher, dass die betroffene Bevölkerung nicht nur angehört, sondern auch einen sichtbaren Nutzen aus den Forschungsbemühungen ziehen wird.

Das Projekt soll in den drei Regionen Lviv/Lemberg, Transkarpatien und Iwano-Frankivsk unter anderem untersuchen, wieso Energieholz bisher nicht intensiver genutzt wurde, wie viel in Zukunft nachhaltig genutzt und wie die Effizienz verbessert werden könnte. Ausserdem fördert das Projekt ukrainische Nachwuchsforschende im Bereich der erneuerbaren Energien sowie Forschungs- und Bildungsprojekte vor Ort, die zu einer verbesserten Energieversorgung, -sicherheit und -effizienz führen.

Energiewende in der Ukraine: Geduld gefragt

Bereits nach ihrem ersten Ukrainebesuch stellt Björnsen fest: „Im Vergleich zur Ukraine ist die Energiewende in der Schweiz ein Sonntagsspaziergang.“ Während die Schweiz nebst Know-how, Technologien und finanziellen Mitteln auch über ein stabiles politisches Gefüge verfügt, fehlt es in der Ukraine schon am Grundlegendsten: Installateure, die Ventile an Heizkörper anbringen, Zusammenschlüsse von Eigentümern, die ihre Häuser besser isolieren, Vertrauen in das politische System, Kapital und Know-how, um das Restholz aus Wäldern für Holzschnitzelheizungen zu nutzen. Um das Ende der ukrainischen Eisblume herbeizuführen, braucht es also noch Zeit. Das WSL-Projekt wird dazu beitragen, das nötige Fachwissen aufzubauen, damit Holz nachhaltig genutzt werden kann.

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